Ist Veganismus eine Ideologie und eine Weltanschauung? Wenn du eine Antwort auf diese Frage suchst, bist du hier genau richtig. Als Veganer höre ich immer wieder einmal, dass der Veganismus ja nur eine „Ideologie“ sei. Das Wort wird heutzutage gern abwertend gemeint und soll in diesem Zusammenhang suggerieren, dass ich einfach blind und unkritisch einer irrationalen Ãœberzeugung folge und versuchen würde, sie anderen aufzuzwingen. Doch ist das wirklich so?
In diesem Artikel möchte ich kurz und knapp untersuchen, ob der Veganismus tatsächlich nur eine Ideologie ist, der ich und viele anderen Menschen einfach unbegründet nacheifern. Auf geht's!
Vorab findest du hier schon eine kurze Ãœbersicht:
Definitionen: Was versteht man unter Veganismus, Ideologie und Weltanschauung?
Bevor wir gemeinsam zur Bewertung übergehen, möchte ich dir zunächst einmal die für sie essentiellen Definitionen an die Hand geben.
Veganismus
Unter dem Veganismus versteht man per Definition „eine Lebensweise, die versucht – soweit wie praktisch durchführbar – alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeiten an leidensfähigen Tieren zu vermeiden.“
In unserem Alltag nimmt sie vor allem Einfluss auf die Bereiche Ernährung, Unterhaltung und Mode.
Weltanschauung
Eine Weltanschauung ist das persönliche Ordnungs- und Wertesystem eines einzelnen Menschen, das auf Erfahrungen, Empfindungen, Wissen und Überlieferungen beruht. Es beschreibt die Ansichten, wie ein Mensch die Welt versteht und erklärt, was sie/er für richtig und falsch hält. Eine bestimmte Weltanschauung kann auch einen spezifischeren Hintergrund haben und beispielsweise naturwissenschaftlich geprägt, religiös ausgerichtet, individuumszentriert oder auch gesellschaftlich orientiert sein.
Ideologie
Unter einer Ideologie (oft auch Ideenlehre genannt) versteht man ein gebundenes System von Weltanschauungen. Wer eine bestimmte Ideologie vertritt, zeigt, dass sie/er den Werten der jeweiligen Idee zustimmt. Eine Ideologie ist zumeist an eine soziale Gruppe oder kulturelle Verhaltensweisen gebunden, recht unflexibel und nicht grundsätzlich als „falsch“ oder „richtig anzusehen.
Sie kann beispielsweise rational und logisch erklärbar und eine gefestigte Lehrmeinung sein. Es existieren allerdings auch unzählige, irrationale, fundamentalistische und gefährliche Ideologien, die sich bewusst gegen unterschiedliche Ansichten anderer Menschen stellen und nur die eigene Weltanschauung als „richtig“ gelten lassen.
Die Gefahr ideologischer Verblendung minimieren
Wenn man keine anderen Meinungen und Informationen mehr zulässt und nur noch stur die eigene Überzeugung als korrekt erachtet, spricht man von einer ideologischen Verblendung. Diese ist gefährlich, da persönliche Überzeugungen eigentlich flexibel und anpassbar sein sollten. Schließlich kann es immer wieder neue sachliche, erklärbare und nachweisbare Erkenntnisse geben, die die den eigenen Glaubenssätzen gegenüberstehen könnten.
Deshalb ist es wichtig, stets offen für neue Informationen und dafür zu sein, die eigene Weltanschauung oder Lebensweise regelmäßig zu hinterfragen. Überzeugungen lassen sich ändern – und die Einsicht der möglichen Notwendigkeit ist etwas Gutes.
Ist Veganismus eine Ideologie, oder nicht?
Ethische Veganer:innen sind davon überzeugt dass es unethisch ist, Tiere aus unnötigen und egoistischen Motiven zu quälen und zu töten. So gesehen, ist der Veganismus tatsächlich so etwas wie eine Weltanschauung und Ideologie, die den Rechten und dem Schutz von Tieren dient. Diese Überzeugung klingt allerdings nicht gerade unreflektiert, egoistisch oder irrational – und lässt sich schwerlich abwertend meinen.
Umgekehrt handelt es sich bei der Überzeugung, dass es in Ordnung sei, Tiere für den eigenen Vorteil auszubeuten, definitiv um eine irrationale Ideologie. Eine Ideologie, die Leid, Unterdrückung, Diskriminierung und Ausbeutung verursacht. Egal, ob man gerade über Massentierhaltung, Sklaverei oder Rassismus diskutiert – das Festhalten an einer Überzeugung mit den genannten Folgen, ist aus moralischer Sicht schon deutlich schwerer zu rechtfertigen.
Eine Ideologie wird bedrohlich, wenn sie die eigene Ideologie bedroht
Im eingebetteten Video erläutert der YouTuber „Der Artgenosse“ (alias Patrick Schönfeld) eindrucksvoll, dass man die eigenen Ideologien oft erst dann erkennt, wenn sie von gegensätzlichen und vielleicht moderneren Sichtweisen herausgefordert werden.
Tiere zu essen ist eine Ãœberzeugung, in die viele Menschen (wie auch ich) hineingeboren wurden und werden. Man erachtet den Konsum von Tierfleisch als Normalität und hinterfragt diesen nicht. Es müssen erst ein paar „extreme Veganer:innen“ mit einer gegensätzlichen Meinung um die Ecke kommen. Sie konfrontieren Fleischesser:innen mit einem unangenehmen, aber wissenschaftlich bestätigten Sachverhalt. Nämlich damit, dass es absolut nicht notwendig ist, Tiere töten zu lassen, um zu überleben. Eine Sichtweise, die offenlegt, dass man als Fleischesser:in auch selbst einer Ideologie folgt – nämlich der Ideologie des Karnismus.
Damit konfrontiert, hat man nun die Chance, alte Glaubenssätze anzupassen, um nicht mehr mit der stressigen, kognitiven Dissonanz zu leben, dass man ja Tiere liebt, aber sie dennoch isst. Viele Fleischesser:innen entscheiden sich jedoch reflexartig dafür, ihre Ideologie, also ihre gewohnten Überzeugungen, vehement zu verteidigen. Wenn nötig eben auch mit dem unlogischen Argument, dass der Veganismus eine Ideologie sei.
Veganismus und Karnismus sind gegensätzliche Überzeugungen mit unterschiedlichen Folgen
Theoretisch kann jeder Mensch einer Ideologie stur, blind und unkritisch folgen. Es gibt auch sicherlich einige Veganer:innen, die das tun. Allerdings sind Veganer:innen im Regelfall ja gerade deshalb vegan geworden, weil sie sich selbst reflektiert und ihre bisherigen Überzeugungen aus moralischen, ökologischen oder gesundheitlichen Motiven angepasst haben. Sie haben nicht stur an alten Glaubenssätzen festgehalten. Vielmehr hat sie die Erkenntnis, dass Tiere fühlende Lebewesen wie du und ich, zum Umdenken gebracht. Sie wollen nicht weiter Geld dafür ausgeben, dass Tiere für das eigene Vergnügen unterdrückt, gequält und ausgebeutet werden.
Ich bin mir sicher, dass auch die meisten Fleischesser:innen diese Erkenntnis teilen und gegen Tierquälerei und Gewalt an Tieren einstehen. Allerdings zwingt sie das Festhalten an der eigenen wissenschaftlich-widerlegten Ideologie, dass man Tiere essen muss, um zu überleben, dazu, nicht nach ihren tatsächlichen Wertvorstellungen zu handeln.
Veganismus ist eher Lebensstil als Ideologie
Wir können festhalten, dass sowohl der Veganismus, als auch der Karnismus in gewisser Hinsicht Ideologien sind. Allerdings haben die meisten Veganer:innen früher auch einmal Tiere gegessen und karnistisch gehandelt, nur irgendwann ihre persönlichen Überzeugungen aus logischen Gründen angepasst haben. Das klingt nicht gerade danach, stur und blind irgendeiner Ideologie, sondern eher danach, den eigenen Wertvorstellungen zu folgen. Der Veganismus ist aus meiner Sicht eine Lebensweise – und eine bewusste Entscheidung dafür, tierfreundlich zu handeln.
Abwertend kann man das „Ideologie-Argument“ eigentlich nur gegenüber der Ãœberzeugung meinen, weiter Tiere auszubeuten, da diese Ansicht und das Handeln danach Leid, Unterdrückung, Diskriminierung und Ausbeutung verursacht. Der Veganismus wirkt diesen verachtenswerten Ungerechtigkeiten entgegen und ist dahingehend garantiert eine Ãœberzeugung und Weltanschauung, die eigentlich die meisten Menschen teilen dürften.
Ich hoffe sehr, dass ich dir mit diesem Artikel weiterhelfen konnte. Hast du Fragen, Tipps oder eigene Erfahrungen mit dem Veganismus als Ideologie gemacht, die du teilen möchtest? Dann freue ich mich auf deinen Kommentar.
Bleib‘ offen und tierfreundlich,
PS.: Verschwörungstheorien sind irrationale und unbegründete Ideologien. Im verlinkten Blogbeitrag erfährst du jetzt alles darüber – von der Definition bis hin zu Beispielen!