Kann man Tiere lieben und trotzdem Fleisch essen? Über diesen offensichtlichen Widerspruch stolpern viele Menschen. Besonders in einer diskussionsintensiven Zeit, in der wir wissen, wie groß der Anteil der Massentierhaltung an den größten Umweltproblemen unserer Zeit ist. Ich habe selbst 30 Jahre meines Lebens Fleisch und andere tierische Erzeugnisse gegessen und diesen inneren Konflikt ständig ignoriert. Da ich von mir selbst behaupte, Tiere zu lieben, habe ich dann im Laufe der Zeit auf Fleisch, Eier, Milch und Co. verzichtet. Ganz einfach weil Liebe eine starke körperliche, geistige und seelische Anziehung zu einem anderen Lebewesen darstellt – und der Konsum der Körperteile eines anderen Lebewesens nicht unbedingt von Liebe zeugt.
Mit diesem gnadenlos ehrlichen Artikel möchte ich niemanden angreifen sondern lediglich zeigen, warum man Tiere nicht lieben und gleichzeitig essen kann. Auf geht's!
Fleischesser sehen das Tier nicht und lieben nur bestimmte Tiere
Wenn Menschen beim Anblick eines Schweineschnitzels, ein Rinderfilets oder eines Entenbratens auf ihrem Teller das Wasser im Mund zusammenläuft, sehen sie das schützenswerte, unschuldige Tier darin nicht mehr. Es ist einfach nur ein Schnitzel, ein Filet und ein Braten. Und wenn sie sich doch bewusst sind, dass ein Schwein, eine Kuh oder eine Ente für sie sterben musste, dann ist die Liebe zum Fleischgeschmack eben einfach nur größer als die Liebe zum Tier. Gerne wird dann zur Vogel-Strauß-Taktik gegriffen: was ich nicht sehe, ist nie passiert.
Natürlich kann man Tiere lieben aber Fleisch essen – allerdings liebt man dann offensichtlich nicht alle Tiere. Oder würdest du jemanden, den du wirklich liebst, verspeisen? Wir streicheln Hunde, Katzen, Pferde und Delfine. Aber essen Schweine, Kühe, Hühner und Enten. Die Einteilung in Haus- und Nutztiere ist Speziesismus. Wir Menschen sehen uns als überlegen an – und glauben deshalb, alles mit den Tieren anstellen zu können, was wir für richtig halten. Die meisten Menschen wollen nicht einmal wissen, woher ihr Fleisch kommt und welches Leid die Tiere dafür ertragen mussten. Kaninchen dürften zum Beispiel ein völlig verwirrtes Bild von uns Menschen haben – weil wir sie sowohl als geselliges Haustier, aber auch als Braten auf dem Teller schätzen.
Tipp: Ich habe dir einen ausführlichen Beitrag über die Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Tier interessant für dich sein.
Eigentlich bin ich ja gegen Tierquälerei, aber..
Diese ständigen Rechtfertigungen für den eigenen Fleischkonsum können extrem stressig sein. „Ich liebe Tiere aber esse Fleisch“ ist eben ein ganz offensichtlicher Widerspruch – und ein Musterbeispiel für kognitive Dissonanz. Ein innerer Konflikt aus unvereinbaren Meinungen, der auf Dauer echt brutal lästig wird. Kein Wunder – kämpft doch im Prinzip immer wieder gegen seine eigenen, persönlichen Werte an. Auch deshalb finden viele Menschen Veganer so nervig. Natürlich ist fast jeder gegen Tierquälerei – doch das zu behaupten während man das Fleisch von gequälten Tieren ist, darf man durchaus als Heuchelei bezeichnen.
Seit sich Fleischesser mit dieser kognitive Dissonanz herumschlagen, sehnen sie sich nach guten Argumenten für ihren Fleischverzehr. Der ständige Widerspruch zwischen den eigenen Werten und dem eigenen Handeln führt zu den verrücktesten Rechtfertigungen: „Pflanzen haben auch Gefühle“ oder „Ich bedanke mich vor jeder Mahlzeit bei dem Tier“ sind zwei Beispiele dafür. Auch das wenig konkrete Argument „ich esse nur ganz wenig Fleisch“ bringt sie vielleicht kurzfristig mit einem blauen Auge aus einer stressigen Diskussion heraus – doch der innere Konflikt bleibt.
Extrem beruhigend kann es da sein, seinem natürlichen Mitgefühl für leidende Lebewesen nachzugeben und sich auf eine tierfreundliche Lebensweise einzulassen. Denn wir Menschen sind eigentlich keine Fleischesser. Was glaubst du würde ein Kleinkind tun, wenn es für eine Stunde mit einem Kaninchen und einem Apfel in einem Raum wäre? Meinst du, es würde einfach beides essen? Nein, vermutlich würde es mit dem Kaninchen spielen und den Apfel essen. Erst die Gewohnheiten, die wir von unseren Eltern übernommen haben, haben uns zu Fleischessern gemacht und damit den Widerspruch zwischen der Liebe zu Tieren und dem Fleischkonsum erzeugt. Zudem hat uns auch die Industrie durch gezieltes Marketing das Fleisch schmackhaft gemacht und den inneren Konflikten ein besseres Gewissen entgegengestellt.
Was auch viele Vegetarier übersehen
Ich bin zunächst Vegetarier geworden, weil ich das offensichtliche Tierleid für Fleisch satt hatte. In der Folge habe ich mich deutlich besser gefühlt. Na klar, der innere Widerspruch „Ich liebe Tiere aber esse sie“ war weg! Dann habe ich festgestellt, dass die Milchindustrie noch viel brutaler ist, als die Fleischindustrie – und plötzlich war er wieder da.
Kühe erhalten Antibiotika, werden enthornt, in einem „Rape-Rack“ künstlich befruchtet, von von ihrem Nachwuchs getrennt und „erst“ dann getötet, wenn sie keine Milch mehr geben. Männliche Kälber sind wertlos für die Industrie und werden deshalb in aller Regel kurz nach ihrer Geburt getötet. Und das alles für ein paar Milchprodukte? Hinzu kommt das Schicksal von Hühnern in der Eierindustrie und nicht zuletzt die Praktik des Kükenschredderns und -vergasens. Wenn ich Tiere wirklich liebe, dann höre ich auf sie und ihre Körperteile zu essen und dafür zu bezahlen, dass sie ausgebeutet werden. Das sind meine Gründe dafür, dass es nicht reicht, Vegetarier zu sein.
Weiterführende Artikel für dich:
- Warum essen Veganer keine Eier?
- Veganer trinken keine Milch – warum?
- Warum tragen Veganer keine Wolle?
Als Veganer stimmen Werte und Handeln wieder überein
Veganer sind keine besseren Menschen – doch sie leben nicht mit dem Widerspruch, Tiere zu lieben aber sie trotzdem zu essen. Auch wenn man als Veganer trotzdem Tierleid verursacht, z.B. wenn man auf eine Ameise tritt oder Lebensmittel isst, bei deren Ernte Tiere zu Schaden kamen. Doch im Gegensatz zum Fleischkonsum passiert das nicht bewusst und absichtlich.
„Tiere sind meine Freunde und ich esse meine Freunde nicht.“
George Bernard Shaw (siehe auch Tierschutz Zitate)
Seit ich mich vegan ernähre und grundsätzlich vegan lebe, bin ich mehr der, der ich wirklich bin. Ich würde niemals einem Schwein die Kehle durchschneiden, einer Kuh ihren Nachwuchs wegnehmen oder Küken zu Tode schreddern. Ich liebe Tiere – wirklich und von ganzem Herzen! Und deshalb bezahle ich auch niemanden anderen dafür, dass er sie für mich quält und tötet und sie zu Fleisch verarbeitet.
Ich verspreche dir, lieber Leser: sobald du aufhörst, für diese grausamen Taten und den daraus resultieren Widerspruch in deinem Glaubenssystem zu bezahlen, wird sich dein Leben positiv verändern. Denn du lebst in Übereinstimmung mit deinen innersten Werten: Mitgefühl, Gleichheit, Respekt, Liebe und Einfühlungsvermögen allen Lebewesen gegenüber.
Tipp: Ich kann dir die Dokumentation Dominion empfehlen! Sie zeigt, was Tiere in der Massentierhaltung durchmachen müssen. Nachdem ich sie gesehen hatte, wurde ich direkt vegan.
Tiere lieben aber Fleisch essen – Das ist ein Widerspruch in sich
Selbstverständlich gibt es Fleischesser, die Tiere lieben. Doch offensichtlich wird hier und da eine Ausnahme gemacht. So ehrlich müssen wir sein. Sind wir es nicht, kämpfen wir nur gegen einen inneren Konflikt an – der in der Psychologie auch unter dem Begriff „Fleisch-Paradox“ bekannt ist. Die Liebe lässt sich nicht einfach ausschalten und unterdrücken. Deutlich entspannter ist es, die Liebe wirklich auszuleben und ernst zu meinen. Allen Tieren gegenüber.
Ich hoffe, dass ich dir mit diesem Artikel bewusst machen konnte, dass man Tiere nicht gleichzeitig lieben und essen kann. Hast du Fragen oder Anregungen? Dann schreibe mir gerne einen Kommentar.
Bleib‘ tierfreundlich,
PS.: Du möchtest mehr über meine Gründe für den Veganismus wissen? Im verlinkten Beitrag stelle ich sie dir vor!