Immer wieder hört und liest man von Menschen, die nicht mehr vegan sind – ob in der Promi-Welt oder im eigenen Umfeld. Sie gehen den Schritt zurück, vom Veganer zum Vegetarier oder Fleischesser – und konsumieren wieder tierische Lebensmittel, von denen sie sich eigentlich dauerhaft trennen wollten. Doch was genau sind ihre Gründe dafür, dem Veganismus den Rücken zu kehren?
In diesem Artikel möchte ich dir die Antwort auf diese Frage liefern. Außerdem erfährst du, warum Menschen, die aufhören vegan zu sein, eigentlich nie vegan waren. Auf geht's!
6 häufige Gründe, „nicht mehr vegan“ zu sein
Die Zahl der Veganer in Deutschland nimmt rasant zu. Allein während der Corona-Krise hat sich die Anzahl verdoppelt. Nun leben etwa 2 Prozent aller Deutschen vegan.₁ Da ist es nicht weiter überraschend, dass es auch hin und wieder Menschen gibt, die damit aufhören, vegan zu sein. Hier stelle ich dir jetzt die häufigsten ihrer Motive dafür vor.
1. Nährstoffmangel
So mancher kündigt dem Veganismus, weil er nach einer Probephase der reinen Pflanzenkost Symptome eines Nährstoffmangels (z.B. Kopfschmerzen, Unwohlsein, Pickel etc.) erkannte. Selbstverständlich können diese auch eine andere Ursache haben. Am Ende wissen die Umsteiger meist nicht einmal, ob sie wirklich einen Nährstoffmangel hatten. Dennoch glauben es die Menschen, mit denen sie diese Erfahrungen teilen.
Fakt ist: bei einer ausgewogen-pflanzlichen Ernährung sind laut American Dietetic Association (der weltweit größten Organisation von Lebensmittel- und Ernährungsfachleuten) in keiner Phase des Lebens, einschließlich der Schwangerschaft, Nährstoffmängel zu erwarten.₂
Tipp: Mache einfach regelmäßig Vitamin-Tests bei deinem Hausarzt, um etwaigen Mängeln bei der Umstellung vom Fleischesser oder Vegetarier zum Veganer vorzubeugen.
2. Andere Interessen
Für viele ist der Veganismus nur ein Trend, der schnell wieder vergeht. Gerade Prominente nutzen gerne die Gelegenheit, um der Welt zu zeigen, dass sie vegan leben. Das zeugt schließlich von Mitgefühl, macht sympathisch und bringt sie ins Rampenlicht. Nicht mehr vegan zu sein, schafft dann einige Zeit später noch einen weiteren Grund für Schlagzeilen, die andere Menschen dazu bewegen, ebenfalls wieder tierische Produkte zu konsumieren.
Fakt ist: Veganismus gibt es bereits seit 1944, als die „Vegan Society“ gegründet wurde. Die Zahl der Veganer auf der ganzen Welt steigt stetig und rasant an. Es ist kein Trend, sondern eine Bewegung gegen die Ausbeutung von Tieren und Tierquälerei – eine Einstellung, die fast alle Menschen auf der Welt miteinander teilen.
3. Bequemlichkeit
„Nicht mehr vegan“ sind oft die Menschen, die sich nur oberflächlich mit den Gründen und der Umsetzung der Ernährungs- und Lebensweise beschäftigt haben. In der Folge ist es vielen dann schlichtweg zu anstrengend, bei jedem Lebensmittel die Zutatenliste zu prüfen und im Restaurant nach veganen Alternativen zu fragen. Die veganen Ersatzprodukte reichen da auch nicht aus. Vielleicht fühlen sie sich auch einfach nur nicht wohl, weil sie sich zu einseitig pflanzlich ernährt haben.
Fakt ist: Die Vorteile der pflanzlichen Ernährung kommen erst richtig zum Vorschein, wenn man sich wirklich damit auseinandersetzt. Wer das tut, wird schnell feststellen, wie vielfältig und bunt die vegane Küche eigentlich ist. Burger, Pasta, Pizza – man kann das alles weiterhin essen. Und schon nach kurzer Zeit hat man sich auch eingegroovt! Zudem hilft es ungemein, sich in die Lage der Tiere zu versetzen, die für die eigene Ernährungsweise leiden müssen. Dann erkennt man schnell, für wen es tatsächlich unbequem wird.
4. Eigenes Umfeld
Wenn Menschen vom Veganer zum Vegetarier oder Fleischesser umsteigen, dann ist das oft auch eine Folge der mangelnden Unterstützung im eigenen Umfeld. Wenn sich ständig in Diskussionen mit Kollegen, Freunden oder den eigenen Eltern befindet, ist der Weg, nicht mehr vegan zu sein, meist der Weg des geringsten Widerstandes.
Fakt ist: Wenn man sich intensiv mit den Gründen für Veganismus beschäftigt (Tierleid, Umweltzerstörung, Gesundheitsgefahren) und es „klick“ macht, ist der Entschluss vegan zu leben, wie eine massive Festung. Von dort aus kann man eher Fleischesser überzeugen, als tatsächlich selbst wieder zum Konsum tierischer Lebensmittel zurückzukehren. Hilfreich ist auch, gemeinsam mit anderen vegan zu werden und sich regelmäßig in Facebook-Gruppen oder Foren auszutauschen.
Hinweis: Oft hört man, dass vegetarisch doch reicht, um etwas zu verändern. Die Ernährungsweise bewirkt auch etwas, das stimmt. Dennoch zahlt man weiterhin Geld für Produkte, für die Tiere gequält und ausgebeutet werden.
5. Perfektionismus
Früher gehörte ich auch zu den Menschen, die alles perfekt machen wollen. Das hat dazu geführt, dass mir neue Dinge bzw. Veränderungen schwer gefallen sind. Der Perfektionismus ist für viele Menschen auch ein ganz entscheidender Grund dafür, nicht mehr vegan zu sein. „Ich allein kann sowieso nichts ändern„, „Tiere werden auch weiterhin gequält, auch wenn ich aufhöre sie zu essen“ und so weiter. Und dann kommen noch die täglichen Diskussionen mit Fleischessern dazu, die vielen Menschen an den Rand der Resignation bringen.
Fakt ist: Nichts muss perfekt sein, wenn wir uns täglich persönlich und gesamtgesellschaftlich in die richtige Richtung entwickeln. Und das ist der Fall. Es gibt immer mehr vegane Restaurants, vegane YouTuber und vegane Rezepte. Es vergeht kein Tag, an dem nicht in den Zeitungen und im Fernsehen über Tierrechte und eine pflanzliche Ernährung gesprochen wird. Jeder einzelne Veganer und auch jede einzelne vegane Mahlzeit, tragen dazu bei. Die Entscheidung „pro-vegan“ zurückzunehmen, ist definitiv ein Schritt in die falsche Richtung.
6. Heißhunger
Viele der Lebensmittel, an die man sich jahre- oder jahrzehntelang gewöhnt hat, sind tierischen Ursprungs. Fleisch, Käse, Joghurt, Eier, Milch – der Verzehr dieser zugegeben leckeren Lebensmittel hat Gelüste entstehen lassen. Der Heißhunger ist da manchmal stärker als die Einstellung und Motivation, keine Tiere mehr zu essen. Und so kommt es, dass viele Veganer plötzlich wieder tierische Lebensmittel konsumieren.
Fakt ist: Es gibt mittlerweile für jedes Lebensmittel mindestens eine genauso-leckere pflanzenbasierte Alternative! Nicht alle Ersatzprodukte schmecken übertrieben gut – aber das ist ja bei Fleisch, Käse & Co. auch nicht anders. Nutze einfach Bratwürste auf Erbsenbasis, Käse aus Kokosöl und Soja-Joghurt, um dir die Umstellung leichter zu machen und um Heißhunger vorzubeugen.
Wer nicht mehr vegan ist, war eigentlich nie vegan
Wir haben nun über die Gründe dafür gesprochen, dass Menschen aufhören, vegan zu sein. Doch meiner Meinung nach waren sie nie vegan, sondern haben sich lediglich nur pflanzlich ernährt. Der Veganismus ist jedoch mehr als eine Ernährungsform. Er ist eine Lebensweise, die versucht – soweit praktisch umsetzbar – alle Formen von Ausbeutung und Grausamkeiten gegenüber Tieren für Essen, Kleidung, Experimente und Kunststücke zu vermeiden. So einer Einstellung kehrt man nicht einfach den Rücken. Das sind tiefste, innere Moralvorstellungen.
Ich bin Vegetarier geworden, weil ich gesünder und noch umweltfreundlicher leben wollte. Veganer wurde ich dann kurze Zeit später für die Tiere. Beispielsweise, weil ich die Milchindustrie für noch brutaler halte, als die Fleischindustrie. Es geht primär um Ethik – Umweltschutz, die Förderung der eigenen Gesundheit und der Kampf gegen den Welthunger sind zusätzliche Motivatoren. Der Fokus liegt auf dem Wohlbefinden aller Lebewesen – und nicht ausschließlich auf dem eigenen Wohlbefinden.
Tipp: Im Beitrag über den Unterschied zwischen vegan und plantbased erfährst du noch mehr darüber.
Ethisch-motivierter Veganismus ist da, um zu bleiben
Natürlich kann man aufhören, sich vegan zu ernähren. Aber wer aus tiefsten ethischen Gründen vegan lebt, wird nicht damit aufhören, vegan zu sein. Denn Letzteres ist keine Ernährungsform, sondern eine Lebensform. Eine Lebensform gegen Tierquälerei und die Ausbeutung unschuldiger, fühlender Lebewesen. Moralische Werte, die wohl die meisten Menschen direkt unterzeichnen würden.
Hast du Fragen zu diesem Beitrag? Oder überlegst du, nicht mehr vegan zu sein? Dann schreibe mir gerne einen Kommentar mit deinen Gründen.
Bleib‘ tierfreundlich,
PS: Wusstest du, dass man auch vegan für Menschen und nicht nur für Tiere sein kann? Im verlinkten Artikel erfährst du jetzt, inwiefern deine vegane Lebenweise auch Menschenrechte fördert.
Quellenangaben:
₁ Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Deutschland, wie es isst – der BMEL-Ernährungsreport 2021, abrufbar unter https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/ernaehrungsreport2021.html. [27.05.2021].
₂ American Dietetic Association; W. J. Craig; A. R. Mangels: Position of the American Dietetic Association: vegetarian diets (Stand: Juli 2009), https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19562864. [24.07.2020].