Du willst mehr über das Leben im Rollstuhl erfahren und nützliche Tipps kennenlernen? Dann bist du hier genau richtig! Als Rollstuhlfahrer:in stößt man häufig auf Hürden, die gehenden Menschen nicht in Ansätzen bewusst sind. Von abgesenkten Bordsteinen, über Kopfsteinpflaster und Treppen, die Abhängigkeit von anderen, bis hin zur Ausgrenzung im privaten oder beruflichen Alltag.
Ein echter Schock ist die Behinderung vor allem für diejenigen, die plötzlich und auf Dauer auf einen Rollstuhl angewiesen sind und sich an die neuen Lebensumstände gewöhnen müssen.
Ich bin zwar selbst nicht im Rollstuhl, doch möchte mit diesem Blogbeitrag mehr Aufmerksamkeit für die Hürden des Alltags von Rollstuhlfahrer:innen und generelle Barrierefreiheit schaffen. Denn jeder hat das Recht und die Fähigkeit, ein aktives und erfülltes Leben zu führen.
In diesem Artikel lernst du jetzt die besten Tipps für ein barrierefreies Leben im Rollstuhl kennen, auf die ich bei meiner Recherche und meinen Gesprächen mir Rollstuhlfahrer:innen gestoßen bin. Auf geht's!
Vorab findest du hier schon eine kurze Übersicht:
- Rollstuhl wählen, der zu den eigenen Bedürfnissen passt
- Akku laden und Ersatzakku mitführen
- Rollstuhl- und Mobilitätstraining absolvieren
- Soziales Leben weiterführen
- Sichere Routinen aufbauen
- Regelmäßige Übungen machen
- Auf die eigenen Fähigkeiten fokussieren
- Treppenlift einbauen
- Leuchtende oder reflektierende Elemente nutzen
- Traurige Momente akzeptieren
- Mit anderen Rollstuhlfahrern austauschen
- Vor Ausflügen Barrierefreiheit planen
- Rollstuhl regelmäßig warten
- Neue Wege finden, gewohnte Dinge zu tun
- Realistische Erwartungen haben
- Wetterbericht beachten
- Eigenen Körper kennen
- Rollstuhltaschen und Rucksack benutzen
- An mobilen Vorbildern orientieren
- Rollstuhl zum Freund machen
Barrierefrei leben: 20 Tipps für ein leichteres Leben im Rollstuhl
Neu im Rollstuhl zu sitzen und sich plötzlich mit dem Hilfsmittel arrangieren zu müssen – und es überhaupt als solches und nicht als Last anzusehen – kann eine echte Herausforderung sein.
Es ist ein Prozess, der Schweiß, Mut, Unterstützung und auch Zeit benötigt. Eins sollte jedoch klar sein: das Leben ist nicht vorbei, sondern nur an einigen Stellen anders. Auch als Rollstuhlfahrer:in kannst du weiterhin Dinge tun, die dich glücklich machen und erfüllen.
Hier möchte ich dir jetzt wertvolle Tipps mit auf den Weg geben, die dir und anderen Menschen den Alltag im Rollstuhl wesentlich angenehmer und leichter machen können.
1. Rollstuhl wählen, der zu den eigenen Bedürfnissen passt
Rollstühle gibt es in allen Farben, Formen und Funktionen. Es gibt zum Beispiel manuelle Rollstühle mit Greifreifenantrieb oder Einhandantrieb – und auch Modelle mit Elektromotor. Der Rahmen kann bei Rollstühlen beispielsweise starr, faltbar oder multifunktional sein – und dann gibt es ja auch noch Rollstühle für bestimmte Zwecke, wie zum Beispiel den Leichtgewichtrollstuhl oder den Sportrollstuhl.
Deshalb solltest du dich gemeinsam mit deinem Arzt und deiner Ärztin, sowie den Expert:innen im Sanitätshaus entscheiden, welcher Rollstuhl-Typ ideal zu deinen individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen passt. Ein auf dich zugeschnittener Rollstuhl wird dir das Leben als Rollstuhlfahrer:in wesentlich angenehmer machen.
2. Akku laden und Ersatzakku mitführen
Wenn du einen elektrischen Rollstuhl hast, sollte der Akku immer vollständig geladen sein, sobald du dein Haus oder deine Wohnung verlässt. Ansonsten läufst du Gefahr, liegen zu bleiben. Beuge diesem Risiko ganz einfach auch dadurch vor, dass du einen aufgeladenen Ersatzakku mit dir führst.
3. Rollstuhl- und Mobilitätstraining absolvieren
Das Fahren mit dem Rollstuhl will gelernt sein. Ein entsprechendes Mobilitätstraining kannst du entweder freiwillig (z.B. im Sanitätshaus) buchen und absolvieren – in der Reha wird diese Ausbildung im Umgang mit Ihrem Rollstuhl aber auch oft automatisch mit angeboten.
Dabei lernst du zum Beispiel, wie du mit deinem Hilfsgerät Hindernisse überwindest, kraftsparend unterwegs bist, die Feststellbremse aktivierst, im Stand ankippst und generell nicht umkippst. Der Kurs fördert ein sicheres und selbstbewusstes Bewegen im Rollstuhl und macht dich fit für den Alltag.
4. Soziales Leben weiterführen
Um Einsamkeit, Traurigkeit und einer möglichen Depression vorzubeugen, ist es wichtig, das eigene Sozialleben abseits der Einschränkungen dank gezielter Anpassungen, möglichst so weiterzuführen, wie bisher. Triff dich auch weiterhin mit deinen Freund:innen. Wahre Freunde unterstützen dich jederzeit. Werde gemeinsam mit ihnen kreativ und finde Lösungen für jegliche Hindernisse des Alltags im Rollstuhl.
5. Sichere Routinen aufbauen
Mit jedem Tag im Rollstuhl wirst du dich selbstsicherer fortbewegen können. Du kennst barrierefreie Wege und mögliche Hürden, die dich erwarten könnten und du weißt, welche Dinge dir auch im Rollstuhl maximale Freude bereiten. Tue diese Dinge regelmäßig und baue Routinen auf, die dir Sicherheit geben.
6. Regelmäßige Übungen machen
Damit deine Fähigkeiten im Rollstuhl nicht einrosten und du auf Dauer keine weiteren Einschränkungen erfährst, solltest du dich fit halten. Trainiere zum Beispiel regelmäßig mit dem Gymnastikband am Türgriff und betreibe nach Absprache mit deinem Arzt oder deiner Ärztin funktionelle Oberkörpergymnastik.
7. Auf die eigenen Fähigkeiten fokussieren
Versuche den gedanklichen Fokus auf deine Möglichkeiten und Fähigkeiten zu richten und die Dinge auszublenden, die du nicht mehr tun kannst oder noch nie tun konntest. Diese positive Denkweise richtet den Blick nach vorn und hilft dir dabei, deine Möglichkeiten zu optimieren und eingeschränkte oder verlorene Fähigkeiten besser zu kompensieren.
8. Treppenlift einbauen
Um trotz der Gebundenheit an den Rollstuhl bei dir zu Hause Treppen zu meistern, wurden Treppenlifte mit einer kleinen Plattform erfunden. Lass dich nicht von hohen Preisen und den generell stark variierenden Kosten irritieren. Im Regelfall übernimmt beispielsweise die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Teile der Investitionskosten, sodass du einen Lift schon etwas günstiger bekommst.
Zudem gibt es umweltfreundliche, gebrauchte Marken-Treppenlifte, die von den Hersteller:innen oder zertifizierten Vertragswerkstätten fachgerecht überholt und zu fairen Preisen angeboten werden.
9. Leuchtende oder reflektierende Elemente nutzen
Helle Kleidung, Lichter, Radbeleuchtungen, Folien, Reflektoren oder LEDs für Reifenventile machen dich sichtbarer für anderen Verkehrsteilnehmer:innen. Sie erhöhen deine Sicherheit vor allem dann, wenn du mit dem Rollstuhl in der Dunkelheit unterwegs bist.
10. Traurige Momente akzeptieren
Negative Gedanken sind ganz normal, wenn man etwas verliert, das man schätzt. Doch sie halten dich davon ab, dich mit dem Leben im Rollstuhl zu arrangieren. Wenn du dich also beispielsweise traurig, hoffnungslos oder wütend fühlst, ist es ratsam, dich mit einem Therapeuten oder einer Therapeutin zusammenzusetzen, um die negativen Gedanken gezielt zu bekämpfen.
Auch intensive Gespräche mit Familienmitgliedern oder Freund:innen, können dabei helfen, den Blick nach vorne zu richten.
11. Mit anderen Rollstuhlfahrern austauschen
Vor allem wenn du neu im Rollstuhl bist, kannst du dich wesentlich besser mit dem Hilfsmittel arrangieren, indem du regelmäßig auch Zeit mit anderen Rollstuhlfahrer:innen verbringst. Aus den Gesprächen kannst du lernen und viele Tipps für einen barrierefreien Alltag mitnehmen – und schlussendlich auch wiederum anderen Rollstuhlfahrer:innen helfen.
Besonders hilfreich ist erfahrungsgemäß der Eintritt in einen Sportverein. Ob Handball, Badminton oder Basketball: es gibt unzählige Sportarten, denen man auch im Rollstuhl nachgehen kann – und bei denen man andere Menschen mit ähnlichen, alltäglichen Herausforderungen treffen kann. Aber auch Internet-Foren oder Facebook-Gruppen sind wunderbare Anlaufstellen für einen Austausch.
12. Vor Ausflügen Barrierefreiheit planen
Nicht jedes Restaurant, jeder Park, jede Bahn und jeder Weg sind barrierefrei. Deshalb solltest du dich bei neuen Orten und Aktivitäten vorab informieren, ob die Barrierefreiheit gewährleistet ist oder du gegebenenfalls Hilfe benötigst.
Mit dieser sogenannten Wheelmap kannst du beispielsweise ganz einfach voll oder zumindest teilweise rollstuhlgerechte Orte in deiner Nähe finden.
13. Rollstuhl regelmäßig warten
Auch ein Rollstuhl hat Verschleißteile und sollte aus Sicherheitsgründen regelmäßig kontrolliert und gewartet werden. Dabei werden unter anderem Kabel und die Akkuleistung, Polster, Reifendruck, Zustand der Bremsen, bewegliche Teile, Rahmen und Fußstützen geprüft.
Kosten für etwaige Reparaturen werden dann meist sogar von der privaten oder gesetzlichen Krankenkasse übernommen.
14. Neue Wege finden, gewohnte Dinge zu tun
Höre auf, zu glauben, dass du im Rollstuhl sitzend, fast nichts mehr tun kannst. Für manche Dinge gilt es einfach, kreative Alternativen oder Hilfsmittel zu finden.
Das Auto lässt sich beispielsweise auch mit einer Handsteuerung fahren, anstatt mit den Fußpedalen. Und an die höheren Regale in der Küche kommst du beispielsweise mit einem Greifer oder anderen Hilfsmitteln. Du kannst immer noch fast alles tun. Sei dir dessen bewusst!
15. Realistische Erwartungen haben
Positiv zu denken ist wichtig, allerdings solltest du (je nach persönlicher Situation) auch nicht das Wunder erwarten, morgen früh aufzuwachen und wieder munter umherlaufen zu können. Genauso wenig ist es sinnvoll, das Schlimmste zu erwarten.
Am Ende ist es meist eine gesunde Portion Realismus bei den eigenen Zielsetzungen und Erwartungen, die dich stets einen Schritt nach vorn bringt und optimistisch stimmt.
16. Wetterbericht beachten
Wer schon länger im Rollstuhl unterwegs ist weiß, dass das Wetter eine echte Hürde im Alltag sein kann. Von Glätte und Kälte, über Starkregen und Hitze. Als Rollstuhlfahrer:in kannst du dich nicht ausbalancieren und schnell ins trockene Rennen. Und auch bei extrem heißen Temperaturen in Kombination mit dem manuellen Antreiben drohen Kreislaufbeschwerden.
Um solchen, körperlichen Problemen vorzubeugen, solltest du dich also stets mit dem aktuellen Wetter auseinandersetzen. Sinnvoll ist außerdem die Investition in nützliche Hilfsmittel wie wasserdichte Rollstuhlüberzüge, Regenponchos, Wärmedecken oder auch mobile Rampen.
17. Eigenen Körper kennen
Um Schmerzen und Schäden vorzubeugen, solltest du auch im Rollstuhl immer auf die Signale deines Körpers hören. Wenn der Rollstuhl drückt oder du beispielsweise Nacken- und Rückenschmerzen verspürst, solltest du dich noch einmal mit den Expert:innen in deinem Sanitätshaus austauschen und Anpassungen vornehmen.
Ein weiterer, wichtiger Tipp für das Leben im Rollstuhl ist es, dich nicht selbst zu überschätzen. Gerade in der Anfangszeit hat man sich meist noch nicht die notwendige Ausdauer und Kraft und auch noch nicht den selbstsicheren Umgang mit dem Rollstuhl antrainiert. Im Zweifel solltest du also immer auf die Hilfe oder den Schutz durch deine Begleitpersonen zurückgreifen.
18. Rollstuhltaschen und Rucksack benutzen
Auch ein Rollstuhlfahrer oder einer Rollstuhlfahrerin muss hin und wieder ein Paket zur Post bringen oder Einkäufe erledigen. Dafür solltest du dir unbedingt Rollstuhltaschen besorgen oder einen gewöhnlichen Rucksack über die Lehne hängen. In diesem „Kofferraum“ kannst du alles Möglichen verstauen – von Einkäufen und Päckchen, bis zum Ersatzakku.
19. An mobilen Vorbildern orientieren
Du solltest natürlich selbst ein positives Vorbild für andere Menschen sein, dir aber auch Sicherheit und Motivation durch andere, eigene Vorbilder holen.
Das können zum Beispiel prominente Vorbilder, wie Physiker Steven Hawking, Para-Athlet Anas Al Khalifa, YouTube-Star Leeroy Matata, der 14-jährige Comedian Carl Josef, die Britische Performance-Künstlerin Sue Austin oder Extremsportler und Skater David Lebuser sein. Sie alle zeigen, dass man sich weiterhin Träume erfüllen kann, auch wenn man auf einen Rollstuhl angewiesen ist.
Genauso gut können aber natürlich auch Menschen aus deinem Umfeld positive Beispiele für einen selbstbewussten und sicheren Umgang mit einer Behinderung bzw. einer Bewegungseinschränkung sein.
20. Rollstuhl zum Freund machen
Um das Leben im Rollstuhl zu meistern, solltest du ihn auch als das betrachten, was er ist: ein Freund und Helfer. Doch das ist erfahrungsgemäß gar nicht so einfach, da er auf den ersten Blick eher ein Feindbild ist, das eben das symbolisiert, was man verloren hat. Deshalb sprechen viele Menschen auch davon, an den Rollstuhl „gefesselt“ zu sein.
Dabei wird dein Alltag erst dann so richtig barrierefrei oder -arm, wenn du ihn als Freund siehst, der dir das Leben erleichtert, dir Sicherheit gibt und es dir ermöglicht, jede Hürde als spannende Herausforderung zu betrachten. Er verleiht dir auch in schwierigen Situationen die „Das schaffen wir schon irgendwie“-Mentalität.
Häufige Fragen rund um den Rollstuhl
Wie beantrage ich einen Rollstuhl bei der Krankenkasse?
Um einen Rollstuhl beantragen, muss dein Arzt oder deine Ärztin dir Mobilitätseinschränkungen diagnostizieren und ein Attest ausstellen. Anschließend suchst du im Sanitätshaus einen zu dir passenden Rollstuhl aus und reichst den Kostenvoranschlag zusammen mit deinem ärztlichen Attest bei deiner Krankenkasse ein.
Wann hat man Anspruch auf einen Rollstuhl?
Du hast Anspruch auf einen Rollstuhl, wenn deine Mobilität eingeschränkt ist und du vorübergehend oder dauerhaft auf ihn angewiesen bist. Das kann beispielsweise der Fall nach einem Unfall, einer Krankheit oder einer Operation der Fall sein.
Was sollte man beachten, wenn man neu im Rollstuhl ist?
Wer neu im Rollstuhl ist, sollte unter anderem auf ebenen Untergründen bleiben, beim Transfer vom oder in den Rollstuhl stets die Feststellbremse anziehen und ein Mobilitäts- und Sicherheitstraining absolvieren.
Tipps für den Alltag im Rollstuhl beherzigen und weitergeben
Ich kann natürlich nur erahnen, wie es sich anfühlt, von heute auf morgen nicht mehr laufen zu können. Doch ich weiß definitiv, dass der Rollstuhl ein extrem vielseitiges und verlässliches Hilfsmittel ist, das dich unabhängiger und mobiler macht.
Sei positiv, konzentriere dich auf deine Fähigkeiten und betrachte den Rollstuhl als deinen Freund. In Kombination mit all den Tipps aus diesem Beitrag ist diese Einstellung eine solide Basis für ein angenehmes und glückliches Leben im Rollstuhl.
Ich hoffe sehr, dass ich dir weiterhelfen konnte. Hast du Fragen, Anregungen, lehrreiche Erfahrungen oder weitere Tipps für ein barrierefreies Leben parat? Dann freue ich mich auf deinen Kommentar unter diesem Beitrag.
Bleib‘ positiv,
PS: Dein gefestigtes, soziales Umfeld ist wichtig für dein Wohlbefinden. Für intensivere Gespräche mit deinen Freund:innen kann ich dir diese Fragen zum Kennenlernen ans Herz legen, die jede Unterhaltung spannender machen und am Laufen halten. Viel Spaß!