Hast du schon einmal von den Klima Kippelementen gehört? Der Klimawandel ist ein globales Problem und seit einiger Zeit endlich auch ein viel diskutiertes Thema in den Medien und unseren Alltagsgesprächen. Doch da er schleichend voranschreitet, ist er nur schwer zu (be)greifen. Durch Extremwetter wie Dürren und Überflutungen, die Ausbreitung von Krankheiten oder existenzbedrohende Ernteausfälle bekommen wir die globale Erwärmung jedoch bereits heute zu spüren. Wie dringend wir eine Lösung des größten Umweltproblems unserer Zeit tatsächlich benötigen, wird durch das Erreichen und Überschreiten bestimmter Klima Kipppunkte noch weiter untermauert.
In diesem Artikel möchte ich dir diese Kipppunkte in unserem Klimasystem vorstellen, damit du dir der Tragweite der globalen Erwärmung noch bewusster wirst.
Hier ist noch ein kurzes Inhaltsverzeichnis für dich:
Was ist ein Klima Kipppunkt?
Im Wörterbuch werden Kippelemente häufig als „überregionaler Bestandteil des globalen Klimasystems“ beschrieben. Gemeint sind damit wichtige Elemente der Erdsystemforschung, die, wenn sie einen bestimmten Tipping-Point überschritten haben, beschleunigende und sogar nicht mehr umkehrbare Auswirkungen auf das globale Klima auf der Erde haben. Es kann zu einer Kettenreaktion kommen, durch die sich die Erderwärmung unkontrollierbar verstärken würde.
Die Klima Kipppunkte beziehen sich vor allem auf das Abschmelzen und Abtauen von Eiskörpern, Ökosysteme, sowie klimatische Strömungssysteme der Erde.
10 wesentliche Klimawandel Kipppunkte
Viele Menschen haben Probleme damit, den Klimawandel zu greifen, weshalb sie ihn nicht ernst nehmen. Das macht es umso schwieriger, sie dafür zu mobilisieren, aktiv im Alltag dazu beitragen, den Klimawandel zu stoppen.
Mit den folgenden Klima Kipppunkten möchte ich erreichen, dass wir alle uns der Tragweite dieses Umweltproblems und unserer Möglichkeiten, im Alltag zu seiner Lösung beizutragen, bewusst werden.
1. Kollaps des Amazonas Regenwaldes
Im Amazonas-Regenwald findet etwa ein Viertel des weltweiten Kohlenstoff-Austausches zwischen Atmosphäre und Biosphäre statt.₁ Er wird deshalb auch die grüne Lunge der Erde genannt. Mit dem Wald schwindet Stück für Stück auch auch beträchtlicher Teil der Niederschläge, wodurch die Region zu einer saisonalen Wald- und Graslandschaft werden würde. Auch die Artenvielfalt würde darunter leiden, die grundsätzlich, einen Hoffnungsschimmer für die Erholung unseres Planeten darstellt.
Tipp: Mehr über die Abholzung der Wälder erfährst du im verlinkten, separaten Artikel. Und Tipps, was zu tun ist, kannst du dir unter Regenwald schützen im Alltag abholen.
2. Rückgang der borealen Nadelwälder
Der Boreale Nadelwald leidet unter Feuern, Stürmen, Schädlingen, und Wassermangel als Folge der globalen Erwärmung. Wir Menschen belasten die Wälder durch eine extensive Nutzung zusätzlich. Da die nordischen Nadelwälder etwa ein Drittel der weltweiten Waldfläche ausmachen und in massiven Mengen Kohlendioxid speichern₂, zählt dieses Waldsterben definitiv zu den Klima Kippelementen.
3. Auftauen der Permafrostböden
Permafrostböden sind Böden, die das ganze Jahr über gefroren sind, weil sie Temperaturen unter dem Gefrierpunkt aufweisen. Allein in den drei obersten Metern sind laut dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung etwa 1.000 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert.₃
Je wärmer die Luft ist, desto mehr dieser Böden in Nordamerika und Sibirien tauen auf – und desto mehr Kohlenstoffdioxid und Methan wird freigesetzt.₄ Sollte sich die Erde um mehr als 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau erwärmen, würde ein Großteil Permafrostböden auftauen. Das macht sie zu einem wesentlichen und vermutlich auch zu einem der bekanntesten Kipppunkte für den Klimawandel.
4. Zerstörung der Korallenriffe
Das einzigartige Great Barrier Reed vor der Australischen Nordostküste ist ein prominentes Beispiel für das Umweltproblem der Korallenbleiche. Kohletransporte, Wasserverschmutzung, der Tourismus, die Versauerung der Meere und nicht zuletzt die höhere Wassertemperatur setzen den Korallen zu. Sterben die Algen auf den Korallen, bedeutet das auch das Ende für die einzigartige Farbenwelt unter Wasser – eine Welt, die mehrere Tausend Jahre benötigt, um sich zu erholen. Erwärmt sich unsere Erde um 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau, steht aber genau diese Erholungszeit für 99 Prozent aller Korallenriffe bevor.
Die Zerstörung der Korallenriffe zählt zu den Klima Kipppunkten, weil Korallenriffe die Grundlage für die Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen und das funktionierende Ökosystem Meer sind, das allein seit der Industrialisierung etwa 30 Prozent des von uns Menschen ausgestoßenen Kohlenstoffdioxids aufgenommen hat.₅
5. Instabilität des Westantarktischen Eisschildes
Das Westantarktische Eisschild liegt zu einem großen Teil unter dem Meeresspiegel. Bestimmte Fließprozesse des Wassers und die wärmeren Temperaturen machen es zunehmend instabiler. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass beispielsweise der Kipppunkt für den Thwaites-Gletscher in der Westantarktis bereits erreicht wurde und ein Abschmelzen in den nächsten Jahrhunderten nicht mehr verhindert werden kann.₆ Laut dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung würde der Meeresspiegel durch das Abtauen des Westantarktischen Eisschildes um über drei Meter ansteigen.
6. Schmelzen des Arktischen Meereises
Steigende Durchschnittstemperaturen haben dazu geführt, dass die sommerliche Meereisbedeckung in der Arktis um 40 Prozent zurückgewichen ist. Seit den 70er Jahren ist die Lufttemperatur dort um etwa 2°C gestiegen.₇ Hier geben sich die Auswirkungen des Klimawandels quasi live zu erkennen.
Forscher sind sich bisher noch uneinig, ob dieser Klima Kipppunkt bereits erreicht wurde₈ – doch allgemein wird vermutet, dass die Sommer der Arktis bis zum Ende dieses Jahrhunderts eisfrei sein werden. Ein Rückkopplungseffekt führt dazu, dass sich die Erderwärmung in den nördlichen Regionen der Erde noch weiter beschleunigt.
Hinweis: Die Eisschmelze nimmt auch Einfluss auf die Rückstrahlkraft der Erde. Mehr über die sogenannte Albedo erfährst du im verlinkten Beitrag.
7. Verlust des Grönland-Eispanzers
Die Eisdecke Grönlands zieht sich Jahr für Jahr weiter zurück. Gletscher tauen und fließen ins Meer. Besonders in den Sommermonaten ist der Verlust des Eispanzers enorm. Der Höhenverlust der Eisdecke sorgt dafür, dass sie mit steigenden Lufttemperaturen konfrontiert wird – und das Abschmelzen beschleunigt. Wenn wir Menschen unseren CO2-Ausstoß nicht drastisch regulieren, könnte das Eisschild zum Ende des Jahrtausends vollständig kollabieren und den Meeresspiegel um sieben Meter erhöhen.₉ Das Kippelement des Klimawandels wird mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Erreichen der 2°C-Grenze überschritten werden.₁₀
8. Störung des El Niño-Phänomens
Ein weiter, wichtiger Klima Kipppunkt kann die Störung des sogenannten El Niño-Phänomens sein. El Niño ist eine anomale Wassererwärmung, die in regelmäßigen Abständen vor den Westküsten Südamerikas aufritt und zu Dürren aber auch Überflutungen in den Tropen führt. Durch den Klimawandel könnte diese Regelmäßigkeit gestört werden, den südöstlichen Pazifik erwärmen und so einen dynamischen Einfluss auf andere Regionen der Erde nehmen.
9. Instabilität der Indischen Monsuns
Regelmäßig trägt auch der indische Sommermonsun dazu bei, dass feuchte Luft ins Landesinnere gelangt. So ist er für etwa 90 Prozent des indischen Regens verantwortlich.₁₁ Doch veränderte Landschaften, Luftverschmutzung und der menschengemachte Klimawandel können dazu beitragen, dass Dürren und Flutkatastrophen durch schwächere und stärkere Monsunereignisse, abwechselnd im Süden Asiens auftreten.
10. Ergrünung der Sahara
Der Klimawandel und die Veränderungen der Atmosphäre und Vegatation kann sich auch wesentlich auf den Westafrikanischen Monsun auswirken, der die sommerlichen Niederschläge und die Winter-Trockenheit in West- und Zentralafrika steuert. Auch hier könnten Unregelmäßigkeit und eine höhere Intensität der Wetterauswirkungen eine Folge sein. Sollten sich die Niederschläge in der Sahelzone erhöhen, könnte die Ergünung der Sahara eine Kettenreaktion bedeuten, die die Versorgung von Korallenriffen und sogar dem Amazonasregenwald mit nährstoffreichem Wüstenstaub über den Atlantik, kappt.₁₂
Klima Kipppunkte verinnerlichen und zur Aufklärung nutzen
Ich habe diesen Beitrag über die Kippelemente des Klimasystems auch geschrieben, um mir selbst noch einmal bewusst zu machen, wie ernst die Lage tatsächlich ist. Wir Menschen können unsere Gier vielleicht noch einige Jahre und Jahrzehnte weiter ausleben. Doch wenn wir jetzt nichts ändern, müssen wir damit zurechtkommen, dass das Leben auf diesem Planeten seine Annehmlichkeiten im Laufe der Jahre verlieren wird. Wir Leben auf Kosten unseres Planeten, anderer Lebewesen und auf Kosten unserer Kinder. Im Beitrag Klimawandel stoppen lernst du, was du jetzt tun kannst.
Ich hoffe, dass dir meine Übersicht der Klima Kipppunkte weitergeholfen hat. Hast du Fragen oder Anregungen? Dann schreibe mir wie immer gern einen Kommentar.
Bleib‘ neugierig,
PS.: Im Wissensblog über Nachhaltigkeit lernst du viele weitere, spannende Dinge. Erfahre beispielsweise, was man unter Whataboutism versteht.
Quellenangaben:
₁,₂,₃,₁₁,₁₂ Potsdam Institute for Climate Impact Research (PIK): Kippelemente – Achillesfersen im Erdsystem, abrufbar unter https://t1p.de/ocij. [09.09.2020].
₄ C. Welch: Arctic permafrost is thawing fast. That affects us all, abrufbar unter https://t1p.de/zuwh. [09.09.2020].
₅ M. Sax: Ozeane als Kohlenstoffspeicher – So schadet zu viel CO2 den Meerestieren (Stand: 26.03.2019), abrufbar unter https://t1p.de/8n00. [09.09.2020].
₆ S. Shepherd, E. Ivins, E. Rignot, u.a.: Mass balance of the Antarctic Ice Sheet from 1992 to 2017, abrufbar unter https://t1p.de/ym8i. [09.09.2020].
₇ K. Pistone, I. Eisenman, V. Ramanathan: Observational determination of albedo decrease caused by vanishing Arctic sea ice, PNAS. 111, Nr. 9, 2014, S. 3322–3326
₈ R. W. Lindsay, J. Zhang: The Thinning of Arctic Sea Ice, 1988–2003: Have We Passed a Tipping Point?, Journal of Climate. 18, Nr. 22, 2005, S. 4879–4894.
₉ A. Aschwanden: „Contribution of the Greenland Ice Sheet to sea level over the next millennium.“ Science advances 5.6 (2019): eaav9396.
₁₀ A. Robinson, R. Calov, and A. Ganopolski. „Multistability and critical thresholds of the Greenland ice sheet.“ Nature Climate Change 2.6 (2012): 429-432.
Wo ist der Beleg zu Fußnote 12?
Hi Christoph! Den findest du unter unter der ersten Fußnote, da es sich um die gleiche Quelle handelt.
Viele Grüße
Christoph
Danke für diesen tollen Blog. War sehr interessant zu lesen.
Hallo Lotte! Vielen Dank für dein Feedback und weiterhin viel Spaß im Blog!
Liebe Grüße,
Christoph
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