Wie kann man Greenwashing erkennen und Unternehmen entlarven, die sich als umweltfreundlich und nachhaltig darstellen, obwohl sie es nicht sind? Wenn du Tipps zur schnellen Identifizierung von Grünfärberei suchst, bist du hier genau richtig!
In einer Zeit, in der die Umweltprobleme unserer Zeit immer massiver werden und ein gesellschaftlicher Wandel zu einer nachhaltigen Lebensweise von Nöten ist, werben Unternehmen besonders gern mit der Umweltfreundlichkeit ihrer Produkt. Oft sind sie wirklich nachhaltig – immer öfter handelt es sich jedoch um dreiste Werbelügen, die das firmeneigene Image mit wenig Aufwand grün polieren sollen.
In diesem Artikel möchte ich dir jetzt zeigen, an welchen Merkmalen du irreführendes Greenwashing schneller erkennen kannst. Außerdem gebe ich dir wertvolle Tipps und einige Beispiele an die Hand, um nie wieder auf Grünfärberei hereinzufallen. Auf geht's!
Vorab findest du hier schon eine kurze Übersicht:
- Grüne Verpackung, mieses Produkt
- Intransparenz und fehlende Nachweise zu grünen Aussagen
- Aussagen und tägliches Geschäft sind gegensätzlich
- Unscharfe aber positive Wortwahl
- Grünes Label ohne Aussagekraft
- Geringeres Übel ins positive Licht gerückt
- Absolut irrelevante Informationen
- Produktsortiment und Kampagne ohne Zusammenhang
- Gefasel im Nachhaltigkeitsbereich der Unternehmenswebseite
- Nachfragen und Hinweise werden nicht ernst genommen
10 Tipps, um Greenwashing schneller zu erkennen
Wir sprachen eben zwar von Werbelügen. Doch beim bewussten Greenwashing wird heutzutage eher weniger gelogen, sondern vielmehr verscheiert und beschönigt. Diese Maßnahmen sind schließlich schwerer zu überprüfen – und Strafzahlungen sind auch seltener zu erwarten.
Dennoch gibt es Mittel und Wege, mit denen Konsument:innen möglichst schnell genau die Produkte und Unternehmen entlarven können, die sich grüner und nachhaltiger machen, als sie sind. Hier möchte ich sie dir vorstellen.
1. Grüne Verpackung, schädliches Produkt
Man verleiht dem eigenen Produkt eine grüne Verpackung und schon funktioniert der umweltfreundliche Schleier perfekt. Eine glückliche Kuh zusammen mit einem alten Bergbauern auf einer saftigen, grünen Wiese ziert das Tetra-Pak einer Kuhmilch und suggeriert ein tolles, ökologisches, tierfreundliches und natürliches Produkt.
Dabei ist sein Inhalt weder tier- noch umweltfreundlich. Milchkühe werden in einem brutalen System ausgebeutet und getötet, sobald sie keine Milch mehr geben. Zudem ist die Massentierhaltung so ressourcenintensiv, wie kaum eine andere Branche. Viele Verbraucher:innen, die nicht darüber informiert sind, fallen jedoch auf diese Form der Verschleierung hinein.
Um Greenwashing zu erkennen, solltest du Verpackung und Inhalt also immer in Beziehung setzen – oft hilft sogar schon ein Blick aufs Kleingedruckte.
2. Intransparenz und fehlende Nachweise zu grünen Aussagen
Viele Unternehmen behaupten auf Nachfrage einfach haltlos, dass sie viel für die Umwelt tun – bleiben jedoch jeglichen Nachweis schuldig. Zudem werden Produkte häufig als besonders nachhaltig angepriesen, obwohl dies nicht von vertrauenswürdigen Organisationen überprüft wurde. Wenn die Einschätzung der Nachhaltigkeit einer Ware aus den Reihen des herstellenden Unternehmens selbst kommt, ist als Konsument:in Vorsicht angebracht – denn es riecht stark nach Greenwashing.
3. Aussagen und tägliches Geschäft sind gegensätzlich
Woran kann man Greenwashing noch erkennen? Zum Beispiel daran, dass Verantwortliche eines Unternehmens ständig über Nachhaltigkeit faseln, aber das tägliche Geschäftsgebaren massiv zu den ökologischen Herausforderungen unserer Zeit beitragen.
Ein schönes Beispiel ist die ablenkende RWE-Kampagne „VoRWEggehen“, mit der man Verbraucher:innen vortäuschen wollte, dass RWE der Vorreiter in puncto Ökostrom sei. Der Großteil des Unternehmensumsatzes ging zu der Zeit jedoch auf fossile Energieträger zurück.
4. Unscharfe aber positive Wortwahl
Verschleierte Falschaussagen, die im ersten Moment einen äußert positiven Eindruck machen, zählen zu den beliebtesten Greenwashing-Methoden. Begriffe wie „regional“, „natürlich“, „grün“ oder „ökologisch“ klingen super, unterliegen allerdings keinem gesetzlichen Schutz oder einer vertrauenswürdigen Zertifizierung.
Hinzu kommen oft erfundene, positiv klingende Begriffe wie „Freilaufkühe“. Der Begriff wurde von der Marke Hochland für ihren „Grünländer Käse“ verwendet. Er erweckt den Eindruck, dass der Käse aus der Milch von frei herumlaufenden Kühen stammt. In einer Stellungnahme erläutere das dazugehörige Unternehmen die Begriffswahl damit, dass es sich um Kühe handelt, die sich frei im Stall bewegen können und nicht angebunden sind.₁
Tipp: Mehr beschönigende Euphemismen der Massentierhaltung lernst du im verlinkten Beitrag kennen. Nutze sie, um Verbrauchertäuschung gezielt vorzubeugen.
5. Grünes Label ohne Aussagekraft
Ein klarer Hinweis auf Greenwashing ist es, wenn eine Marke ein eigenes Umwelt- oder Tierwohlsiegel erfindet, dass denen der vertrauenswürdigen Organisationen sehr nahe kommt. Verbraucher:innen, die nicht genau hinsehen, könnten dann darauf reinfallen. Sie können auch ganz anders und dennoch vertrauensvoll aussehen. Den „Grünländer“-Käse der Marke Hochland ziert beispielsweise ein grünes Herz mit der Aufschrift „Grüne Seele – Ohne Gentechnik, Natürliche Zutaten, Milch von Freilaufkühen“. Absolut irreführend.
So oder so wird der Eindruck vermittelt, dass es sich um geprüfte Ware handelt, die einem gewissen Standard entspricht. Damit du Greenwashing erkennst, solltest du dich also mit den klassischen Siegeln vertraut machen.
6. Geringeres Übel ins positive Licht gerückt
Viele Unternehmen nutzen Vergleiche, um ihre Produkte und Dienstleistungen umweltfreundlicher darzustellen, als sie eigentlich sind.
So wird beispielsweise die BahnCard als besonders „grün“ beworben – auf dem Großteil des Bahnnetzes, nämlich auf den Nahrverkehrsstrecken, fahren die Züge allerdings mit Kohlestrom. Auch ein sprintsparendes Auto, erscheint nachhaltiger – ist deshalb aber nicht automatisch nachhaltig.
7. Absolut irrelevante Informationen
Außerdem werden unzählige Kosmetika mit dem Label „tierversuchsfrei“ ausgestattet. Seit 2013 besteht in der EU allerdings ein umfassendes Tierversuchsverbot für Kosmetika. Marken rühmen ihre Produkte hier also mit einer positiven Eigenschaft, die für Produkte gilt. Was bleibt, ist der Eindruck, dass die Kosmetikprodukte ohne die Aufschrift „tierversuchsfrei“, auf Tierversuche basiert.
Ein ähnliches Beispiel ist der Aufdruck „FCKW-frei“ auf Spraydosen. Fluorchlorkohlenwasserstoffe sind in Deutschland allerdings sowieso längst verboten.
8. Produktsortiment und Kampagne ohne Zusammenhang
Wenn man Produkt mit einer Kampagne bewirbt, die auf den ersten Blick absolut nicht dazu passt, ist ebenfalls Vorsicht geboten. Es könnte sich um eine gern genutzte Greenwashing-Technik handeln, mit der dir als Konsument:in ein besonderes Engagement der jeweiligen Marke vorgegaukelt werden soll.
Misstrauisch solltest du beispielsweise bei der Marke Nutella sein. Sie setzt sich scheinheilig für Artenvielfalt ein, bietet aber gleichzeitig ein Produkt an, für dessen Zutat „Palmöl“ es zur Abholzung von Regenwald kommt.
9. Gefasel im Nachhaltigkeitsbereich der Unternehmenswebseite
Wenn du Greenwashing erkennen oder ausschließen willst, solltest du dir auch unbedingt den Nachhaltigkeitsbereich auf der Internetpräsenz der jeweiligen Marke ansehen. Oft gibt es gar keinen Reiter für unternehmenseigene Maßnahmen – und wenn, dann ist er mit Plattitüden übersäht. Nichtssagenden und nicht messbare Aussagen in Bezug auf das eigene, nur scheinbar nachhaltige Handeln.
Ernsthafte Anstrengungen von Unternehmen kannst du hingegen daran erkennen, dass sie eine klare, logische Nachhaltigkeitsstrategie für Umweltschutz und Klimaneutralität verfolgen, die ins Detail geht.
10. Nachfragen und Hinweise nimmt man nicht ernst
Für den nächsten Tipp, um Greenwashing zu erkennen, kannst du dich einfach direkt an den jeweiligen Anbieter oder die jeweilige Anbieterin wenden. Wie wird auf Anfragen und Hinweise von Kundin:innen reagiert? Wenn du mit deinem Anliegen nicht ernst genommen wirst, ist das meist ein schlechtes Zeichen.
Wirf unbedingt auch einen Blick auf die jeweilige Firmenphilosophie. Handelt man transparent? Gegen Greenwashing spricht beispielsweise, wenn sich eine Marke auch ehrlich und selbstkritisch gibt.
Greenwashing-Techniken kennen, um Greenwashing zu erkennen!
Es gibt einfach noch zu viele Schlupflöcher, mit deren Hilfe sich Marken ein grüneres Image verpassen können. Man ist vermutlich nie absolut sicher davor, auf diese Form der Verbrauchertäuschung hereinzufallen.
Doch indem man informiert bleibt, Fakten und echte Qualitätssiegel kennt, stets einen Blick auf die Produktzusammensetzung wirft, bei Hersteller:innen nachfragt, informative Apps wie CodeCheck nutzt, öfter mal Second Hand kauft und eine gesunde Grundskepsis an den Tag legt, kann man der Verbrauchertäuschung zumindest vorbeugend entgegenwirken und Greenwashing mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen.
Ich hoffe, dass ich dir mit den Tipps aus diesem Beitrag weiterhelfen konnte. Hast du Fragen, Tipps oder weitere Beispiele? Oder möchtest du deine eigene Erfahrungen mit den Greenwashing-Tricks der Industrie mit mir und den Leser:innen teilen? Dann schreibe mir gern einen Kommentar unter diesen Artikel.
Bleib‘ nachhaltig und kritisch!
PS: Du willst ein ernsthaft-nachhaltiges Projekt starten, für das du brennst? Dann schau als Nächstes gern mal in die Beiträge über die nachhaltige Unternehmensgründung und das Gründen ohne Eigenkapital hinein.
Quellenangaben:
₁ Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv): Grünländer, Beispiel Sorte Chili & Paprika (20.05.2020), abrufbar unter https://www.lebensmittelklarheit.de/produktmeldungen/gruenlaender-beispiel-sorte-chili-paprika. [17.01.2023].