Welche ethischen Gründe gibt es für die vegane Lebensweise? Wenn du eine klare Antwort auf diese Frage suchst, bist du hier genau richtig! Auch wenn manche Menschen aus gesundheitlichen oder ökologischen Gründen vegan werden, ist der Ursprung des Veganismus eindeutig ethischer Natur.
In Diskussionen höre ich oft, dass sich viele Veganer:innen moralisch überlegen fühlen und überheblich sein würden. Das mag auch in Einzelfällen stimmen – doch in der Regel entsteht das Gefühl der moralischen Unterlegenheit genau in dem Moment, wo sich das eigene Handeln nicht mehr mit den eigenen Werten deckt. Das ist der Augenblick, in dem viele „Nicht-Veganer:innen“ auf ihr Herz hören und damit beginnen, sich ernsthaft mit dem Veganismus auseinandersetzen.
In diesem Artikel möchte ich dir deshalb jetzt ethische Gründe für den veganen Lebensstil mit auf den Weg geben. Auf geht’s!
Übergeordnete ethische Gründe: Welche moralischen Motive sind für Veganer:innen grundsätzlich wichtig?
Während ich über meine persönlichen Motive nachdachte, sind mir einige wenige übergeordnete Gründe aufgefallen, denen sich alle in diesem Artikel genannten praktischen Gründe zuordnen lassen.
Hier habe ich sie dir vorab schon einmal zur besseren Übersicht aufgelistet:
- Leid, Bewusstsein und Persönlichkeit der Tiere
- Verantwortung für die Umwelt
- Menschliches Wohlergehen und Zusammenleben
- Persönliche Werte und Wünsche
20 moralische Motive: Welche konkreten ethischen Gründe gibt es, vegan zu leben?
Jetzt möchte ich konkrete moralische Motive dafür vorstellen, warum ich vegan lebe und mich pflanzlich ernähre – und warum das aller Voraussicht nach für immer so bleiben wird.
Ob du schon vegan bist oder nicht: Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die gleichen moralischen Ansichten vertreten und dass du den nun folgenden Gründen grundsätzlich zustimmen wirst.
Leid, Bewusstsein und Persönlichkeit der Tiere als ethisches Motiv
Tiere sind fühlende Lebewesen, die Schmerz, Angst und Freude empfinden können und ein Recht auf körperliche Unversehrtheit haben.
Dementsprechend haben die meisten Veganer:innen tierethische Motive für ihren Verzicht auf tierische Produkte. Hier stelle ich sie dir nacheinander vor.
1. Tötung von Tieren verhindern
Ob für Fleisch, Milch, Käse oder Eier: Tiere müssen für menschliche Zwecke sterben. Und zwar deutlich vor ihrer natürlichen Lebenserwartung. Bessere Haltungsformen, Tierwohllabel und „Bio“ ändern nichts daran. Vegan zu sein, schon.
2. Systematische Ausbeutung stoppen
Tiere werden von uns Menschen ausgebeutet und müssen vor ihrem frühen Tod auch leiden. Egal, ob für tierische Lebensmittel, Pelz, Leder, Wolle oder unsere bloße Unterhaltung.
Wer auf tierische Erzeugnisse verzichtet und vegane Alternativen bevorzugt, unternimmt etwas dagegen.
3. Tierquälerei bekämpfen
Massentierhaltung bedeutet Dunkelheit, Enge, Krankheit und Leid. Tiere werden systematisch gequält, um die Bedürfnisse der Industrie zu erfüllen.
Wenn Tiere menschlichen Zwecken dienen, geht das nicht ohne Tierleid und Tierquälerei. Veganismus ist daher ein aktiver ethisch-motivierter Schritt, um diese Praktiken nicht weiter zu unterstützen.
4. Das Leben von Küken und Kälbern retten
Millionen männlicher Küken werden geschreddert, weil sie keine Eier legen können. Und männliche Kälber enden als Kalbsfleisch, da sie in der Milchproduktion unerwünscht sind.
Die Tiere haben also keinen Wert für die Industrie und werden deshalb getötet. Aussagen, wie „für Eier sterben keine Tiere“ oder für „Milch sterben keine Tiere“ sind also falsch. Ein ziemlich gravierender moralischer Grund gegen tierische Produkte, oder?
Buch-Tipp: Um den Konsum von Tierfleisch in unserer Gesellschaft besser zu verstehen, kann ich dir wärmstens das Buch „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer* empfehlen.
5. Tiertransporte stoppen
Ein sehr gutes ethisches Motiv gegen den Fleischkonsum sind auch die langen Transporte der lebendigen Tiere zu Schlachthöfen oder Märkten. Enge, Hunger, Durst und Angst sind an der Tagesordnung. Dein Veganismus reduziert die Nachfrage und beendet diese Praktiken langfristig.
6. Tierversuche verhindern
Millionen Tiere leiden bei Experimenten für Kosmetika, Haushaltsprodukte oder Lebensmitteltests. Wer vegan lebt, verzichtet auf entsprechende Produkte und bevorzugt bewusst tierversuchsfreie Alternativen, für die solche grausamen Praktiken heute nicht mehr notwendig sind.
7. Tierrechte schützen und fördern
Tiere werden häufig nur als Sache oder als Mittel zum Zweck betrachtet. Wenn sie keinen Nutzen für die Industrie haben, ist ihr Leben schlichtweg nicht von Wert. Dabei hat natürlich auch jedes Tier einen eigenen Wert – und zwar unabhängig von ihrem Nutzen für den Menschen.
Die Tiere verdienen Schutz, Respekt und die Anerkennung ihrer Rechte. Vegan zu leben ist ein klares Bekenntnis dazu.
8. Kühe vor künstlicher Besamung schützen
Bullen werden mit einem elektrischen Ejakulator zur Masturbation gezwungen und weibliche Kühe angekettet, während man ihre Vagina mit einem Röhrchen oder Griff befruchtet.
Da dies nicht freiwillig passiert, kann man hier natürlich von einer Vergewaltigung sprechen. Indem du dich in Zukunft pflanzlich ernährst, verhinderst du dieses Tierleid.
9. Mutter-Kind-Verhältnis der Tiere wahren
Weibliche Kühe sind in der industriellen Tierhaltung mehrmals in ihrem Leben schwanger. Nur wenige Stunden nach der Geburt wird ihnen ihr Kälbchen allerdings direkt entrissen, damit der Nachwuchs nicht die wirtschaftlich wertvolle Milch trinkt.
Die Mutterkühe rufen oft tagelang verzweifelt nach ihrem Kleinen. Als Veganer:in setzt du diesem regelmäßigen traumatischen Verlust (für beide Tiere) ein Ende!
Verantwortung für die Umwelt als ethisches Motiv
Vegan zu sein bedeutet, Ressourcen nachhaltig zu nutzen und Verantwortung für die Natur zu übernehmen, von der alle Lebewesen auf diesem Planeten abhängig sind. Welche umweltethischen Gründe ausschlaggebend sind, erfährst du hier.
10. Planeten für zukünftige Generationen bewahren
Ob Klimawandel (u. a. durch Methan-Ausstoß der Kühe) oder Abholzung der Regenwälder (u. a. durch Tierfutteranbau in Südamerika): Die industrielle Tierhaltung ist Hauptverursacher unzähliger Umweltprobleme unserer Zeit, die unsere Erde langsam aber stetig zerstören. Ethisch motivierte Veganer:innen sind sich ihrer Verantwortung für den Erhalt des Planeten bewusst.
11. Alles Leben auf der Erde schützen
Jedes Lebewesen auf unserem Planeten hat einen eigenen Wert und ist Teil eines empfindlichen Gleichgewichts. Auch wir Menschen sind nur ein Teil der Natur und von anderen Teilen abhängig. Deshalb müssen wir Ökosysteme als Lebensräume schützen und die Artenvielfalt erhalten. Die pflanzliche Ernährungsweise hilft entscheidend dabei.
Ob für Kühe, Vögel, Wildbienen oder die Vielfalt an Pflanzen: Als Veganer zeige ich mein Mitgefühl und meinen Respekt für alles Leben auf der Erde. Nicht nur, weil es uns Menschen hilft, sondern vor allem, weil jedes einzelne Lebewesen eine Daseinsberechtigung hat.
Buch-Tipp: Schau dir unbedingt mal unser Buch „Kochen fürs Klima“ an. Darin findest du das Hintergrundwissen und leckere (vegane) Rezepte zum Nachkochen. Du bekommst es hier*.
Menschliches Wohlergehen und Zusammenleben als ethisches Motiv
Vegan zu sein heißt nicht nur Tieren und der Umwelt zu schützen, sondern auch anderen Menschen zu helfen. Diese sozialethischen Gründe motivieren mich ganz besonders.
12. Welthunger stoppen
Etwa 33 Prozent der globalen Agrarflächen werden für den Anbau von Futtermitteln für Nutztiere bewirtschaftet.1 Und um eine Kalorie Rindfleisch zu erzeugen, sind 6 bis 21 pflanzliche Kalorien notwendig. Indem wir das Mais, Soja und Getreide direkt verzehren und dem „Umweg Tier“ vermeiden, haben in der Folge also alle Menschen mehr zu essen.
Eine vegane Lebensweise ist daher der entscheidende Schritt gegen den Welthunger. Ein sehr gutes, moralisches Motiv dafür, vegan zu werden. Findest du nicht?
13. Gesellschaftliche Gesundheit fördern
Antibiotikaresistenzen und ernährungsbedingte Volkskrankheiten wie Übergewicht, Adipositas, Diabetes und Bluthochdruck bedrohen unser Leben. Indem du dich ausgewogen rein pflanzlich ernährst und auf Fleisch und andere tierische Lebensmittel verzichtest, verringerst du solche Gesundheitsrisiken.
Außerdem fördert deine Entscheidung eine gesündere Lebensweise in unserer Gesellschaft, von der letztlich alle Menschen profitieren – ob gewollt oder ungewollt. 🙂
Gut zu wissen: Warum „vegan“ oft gesund ist nicht automatisch gesund bedeutet – erläutere ich dir noch einmal genauer im verlinkten Blogbeitrag.
14. Gewaltfreie Gesellschaft fördern
Warum ist Veganismus aus ethischer Sicht sonst noch die richtige Entscheidung? Mit einem veganen Lebensstil bist du gegen Gewalt. Du stehst für ein friedliches Miteinander und Gewaltfreiheit ein und lehnst Diskriminierung und Hass entschieden ab.
Auch die Hemmschwelle, einem anderen Menschen zu schaden, steigt, wenn wir nicht einmal mehr Tieren Leid zufügen.
15. Arbeiter:innen in Schlachthöfen und Anwohner von Massentierhaltungsanlagen vor Leid und Problemen schützen
Schlachthofmitarbeiter:innen sind oft prekären menschenunwürdigen Bedingungen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Und auch für Anwohner:innen sind die Gerüche und Schreie der Tiere schwer zu ertragen.
So nimmst du der Industrie ihre Daseinsberechtigung und sorgst dafür, dass diese Gräueltaten ein Ende haben. Und stehst damit auf der guten mitfühlenden Seite der Geschichte.
16. Ureinwohner der Regenwälder schützen
Die Massentierhaltung zerstört Regenwälder, da Platz für Weiden und den Anbau von Tierfutter geschaffen werden muss. Damit gefährdet der Konsum von Fleisch, Eiern, Milch und Käse auch die Lebensräume vieler indigener Völker, wie Munduruku, Paiter Suruí oder Huni Kuin.
Ein veganer Lebensstil schützt also nicht nur die artenreichen Wälder sondern bewahrt auch die Existenz und die kulturelle Identität der Menschen, die in diesen Naturräumen leben.
17. Ethische Verantwortung lehren und in Gesellschaft verankern
Veganismus inspiriert zur Aufklärungsarbeit über Ethik, Umwelt- und Tierschutz. Er hinterfragt gesellschaftlich akzeptierte Gewohnheiten (z. B. Fleischkonsum bzw. Karnismus) und verhindert ihre Folgen für uns Menschen. Außerdem stärkt er positive Werte wie Empathie und Verantwortungsbewusstsein in unserer Gesellschaft.
Persönliche Werte und Wünsche als ethisches Motiv
Hier habe ich ein paar individualethische Motive für den Veganismus aufgelistet, die direkt mit deinen Glaubenssätzen verbunden und ein tiefer Bestandteil deiner Persönlichkeit sind.
18. Vorbild für unsere Kinder und Enkelkinder sein
Vegan zu leben bedeutet auch, den kommenden Generationen positiven Werte und Charaktereigenschaften wie Mitgefühl, Verantwortung und Respekt für alle Lebewesen vorzuleben.
Durch dein tägliches Handeln zeigst du deinen Kindern und Enkelkindern, wie sie eine nachhaltigere und gerechtere Welt mitgestalten können.
19. Widersprüchliches Handeln stoppen
Indem du vegan lebst, bist du noch mehr die Person, die du eigentlich bist. Das unangenehme widersprüchliche Gefühl der Kognitiven Dissonanz (z. B. „Ich liebe Tiere aber esse sie auch.“) hat endlich ein Ende.
Warum genau? Ganz einfach: Du würdest nie jemanden die Kehle durchschneiden, du würdest nie eine Kuh missbrauchen, du würdest nie ein Küken zu Tode schreddern – und auch niemanden dafür bezahlen, es für dich zu tun. Solange du aber tierische Produkte wie Fleisch, Eier oder Käse isst, tust du genau das – und zwar bewusst und absichtlich.
Gut zu wissen: Der Glaube, dass bestimmte Tiere (z. B. Kühe und Schweine) zum Essen und andere zum Kuscheln (Hunde oder Katzen) dienen, nennt sich übrigens Spezieszismus. Alles darüber fährst du im verlinkten Blogbeitrag.
20. Im Einklang mit den eigenen Werten leben
Wir Menschen haben einen moralischen Kompass. Er sagt, was richtig und was falsch ist. Es ist ein großartiges Gefühl, ihm zu folgen. Ganz einfach, weil unserer Handeln im Einklang mit deinen Überzeugungen ist. Entsprechende Entscheidungen sind echt und kommen ganz tief aus unserem Inneren heraus.
Ein ethisches Argument für den Veganismus ist daher auch, dass es eine Herzensentscheidung ist, die Mitgefühl für alle Lebewesen (siehe auch Vegan gegen Gewalt) – und auch noch viele andere persönliche Werte (z. B. Barmherzigkeit, Gleichheit, Respekt und Liebe) beweist.
Tipp: Manche behaupten, dass Moral nicht subjektiv sei und dass Tiere nicht nach einem moralischen Kodex leben würden. Im verlinkten Artikel erfährst du, warum das Gegenteil gilt.
Vegan aus ethischen Gründen: Eine leichte Entscheidung.
Die Entscheidung vegan zu sein, entsteht also nicht durch das Gefühl moralischer Überlegenheit und ist auch nicht egoistisch. Und es ist auch keine ausschließliche Entscheidung für eine pflanzliche Ernährung oder den Tierschutz.
Es ist eine emphatische Lebensentscheidung, mit der du Tiere vor Ausbeutung und Leid bewahrst, unser gesellschaftliches Miteinander förderst und Mensch und Umwelt schützt, indem du einfach nur deinen persönlichen Werten treu bleibst. Bei mir war übrigens die vegane Dokumentation wie „Dominion“ ausschlaggebend.
Ethische Motive entspringen deinem Herzen. Und im Gegensatz zu rein gesundheitlichen oder ökologischen Gründen machen sie es dir wesentlich leichter, Vorurteile gegenüber dem Veganismus abzulegen und auch langfristig vegan zu bleiben.
Falls irgendwann einmal alle Menschen auf der Welt vegan sein sollten, dann waren unsere moralischen Werte garantiert der Schlüssel dazu. 🙂
„Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandeln.“
Mahatma Gandhi, indischer Rechtsanwalt, Morallehrer und Pazifist (1869-1948)
Einen guten Start bekommst du definitiv mit leichten veganen Rezepten, wie du sie im Buch „Vegan & Easy“ von Bianca Zapatka* findest. Viel Erfolg!
Hast du Fragen, Anregungen oder noch mehr moralische Gründe für den Veganismus parat? Dann freue ich mich auf deinen Kommentar.
Bleib mitfühlend,
PS: Ich höre immer wieder mal von Menschen, die sagen, dass sie jetzt nicht mehr vegan seien. Von Bequemlichkeit bis Heißhunger: Im verlinkten Artikel erfährst du jetzt, welche Motive sie dafür meist haben und warum sie garantiert nicht aus ethischen Gründen vegan geworden sind.
Quellenangaben:
- Heinrich-Böll-Stiftung e.V.; P. Lymberyl: Viel Land für viel Vieh (Stand: 08.01.2015), abrufbar unter https://www.boell.de/de/2015/01/08/futtermittel-viel-land-fuer-viel-vieh. [17.12.2024]. ↩︎