Du willst einen Angehörigen oder eine Angehörige pflegen und suchst noch wertvolle Tipps, um diese Aufgabe bestmöglich zu meistern? Dann bist du hier genau richtig! Die Pflege eines Familienmitglieds zu Hause kann zur selben Zeit eine wohltuende Bereicherung als auch eine echte Herausforderung sein.
Da sie physische und emotionale Hingabe erfordert, stehen pflegende Menschen im Regelfall für eine längere Zeit unter einer sehr großen Belastung, die schwerwiegende Folgen für die eigene Gesundheit mit sich bringen kann. Doch mit einer guten Vorbereitung und den richtigen Ratschlägen kannst du gezielt dafür sorgen, dass ihr beide das Bestmögliche aus der Situation herausholt.
In diesem Artikel möchte ich dir deshalb jetzt die besten Praxistipps dafür an die Hand geben, die Pflege von Familienangehörigen effektiv und mitfühlend zu gestalten, während gleichzeitig auch dein eigenes Wohlbefinden nicht zu kurz kommt. Auf geht's!
Gründe: Warum werden Menschen pflegebedürftig?
Laut Statistischem Bundesamt sind in Deutschland 4,96 Millionen Menschen pflegebedürftig. Rund 80 Prozent von ihnen werden zu Hause versorgt – zwar auch von ambulanten Pflegediensten, aber überwiegend von Angehörigen.
Doch aus welchen Gründen sind oder werden Menschen überhaupt pflegebedürftig? Warum können sie ihren alltäglichen Aufgaben und Verpflichtungen nicht (mehr) selbstständig nachgehen?
Die häufigsten Ursachen möchte ich dir hier vorab noch mit auf den Weg geben:
- Natürlicher Alterungsprozess: Mit zunehmendem Alter lassen unsere körperlichen und geistigen Fähigkeiten nach. Dementsprechend führt das Altern besonders häufig dazu, dass Menschen pflegebedürftig werden.
- Chronische Krankheiten: Langanhaltende Erkrankungen wie Diabetes, Rheuma, Arthrose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Demenz, zählen ebenfalls zu den typischen Ursachen der Pflegebedürftigkeit. Auch die Nachwirkungen einer Krebserkrankung können dazu führen, dass man den eigenen Lebensalltag ohne (fremde) Hilfe nicht mehr bewältigen kann.
- Behinderungen: Angeborene oder im Laufe des Lebens erworbene körperliche (z.B. eingeschränktes Gehvermögen), seelische (z.B. Alkoholsucht) oder geistige Beeinträchtigungen (z.B. Down-Syndrom) stellen weitere Gründe dar.
- Plötzliche Ereignisse: Genauso kann die Pflegebedürftigkeit auch völlig unerwartet entstehen. Das ist vor allem nach medizinischen Notfällen wie Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Unfällen (z.B. einem Auto- oder Sportunfall oder einem Sturz vom Dach) möglich.
- Psychische Erkrankungen: Neurologische und psychische Krankheiten wie Morbus Parkinson, Alzheimer-Demenz, Depressionen oder Angststörungen zählen ebenfalls zu den möglichen Gründen dafür, dass ein Mensch auf die Hilfe anderer angewiesen ist.
10 Tipps: Was sollte man wissen, wenn man Angehörige pflegen will?
Jede der genannten Ursachen erfordert eine ganz spezielle Herangehensweise und ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse des oder der Pflegebedürftigen. Wenn du die genauen Gründe kennst, kannst du schlussendlich bestmöglich auf die individuellen Anforderungen eingehen.
Nutze jetzt die folgenden Tipps, um mehr Sicherheit bei der Angehörigenpflege zu gewinnen und die Aufgabe „häusliche Pflege“ mit Bravour zu bestehen.
1. Informiere dich darüber, was auf dich zukommt
Im Vorfeld solltest du dir ein Bild der Situation machen. Es gilt, den Pflegeaufwand zu verstehen und zu eruieren, ob du bereit für die Aufgabe bist. Dich mental und auch praktisch auf die Pflege zu Hause vorzubereiten, reduziert schlussendlich die Wahrscheinlichkeit für unerwartete Überraschungen und übermäßige Belastungen im Pflegealltag.
Beschäftige dich unter anderem mit den medizinischen bzw. altersbedingten Bedürfnissen deines Familienmitglieds (z.B. Pflegeaufwand, Intimpflege oder Pflegeort), mit möglichen Entwicklungen im Zeitverlauf (z.B. Verschlimmerung des Krankheitsbildes) und wie du möglichst souverän darauf reagierst.
Auch finanzielle und zeitliche Aspekte (z.B Pflegegeld oder die Notwendigkeit einer Ganztagsbetreuung), solltest du prüfen, um einer Überforderung mit der Aufgabe in der Zukunft vorzubeugen.
2. Passe die Ernährung an die jeweilige Situation an
Die Ernährungsweise spielt eine entscheidende Rolle für das Wohlbefinden der pflegebedürftigen Person. So können bestimmte Lebensmittel beispielsweise eine Situation oder Krankheit verschlimmern, während andere ihr entgegenwirken. Genauso kann aber natürlich auch die Vorfreude auf ein Lieblingsessen positive Auswirkungen haben. Es gilt also, die Mahlzeiten vorausschauend zu konzipieren.
Der Speiseplan sollte nährstoffreich und an die individuellen Bedürfnisse (z.B. Schluckbeschwerden oder ärztliche Ernährungsempfehlungen) der oder des zu pflegenden Verwandten angepasst sein. Das Essen kannst du selbst zubereiten oder auch über Services wie „Essen auf Rädern“ regelmäßig bringen lassen.
Tipp: Der Verzehr von Fleischprodukten kann zum Beispiel das Risiko für Herzerkrankungen erhöhen, weshalb es in geringem Maße oder gar nicht auf dem Speiseplan eines Pflegebedürftigen stehen sollte. Wie eine herzgesunde Ernährung in der Praxis aussieht, erfährst du im verlinkten Blogartikel.
3. Nimm dir bewusst Auszeiten von der Pflege
Die Angehörigenpflege ist eine ehrenwerte Aufgabe, die dir aber auch viel abverlangen kann. Dementsprechend gilt es, nicht ausschließlich an das Wohl anderer zu denken, sondern auch deine eigene Gesundheit nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Selbstfürsorge ist zum Beispiel essentiell, um einen Burnout zu vermeiden. Wie das praktisch aussehen kann? Plane zum Beispiel regelmäßig Pausen ein, in denen du dir bewusst Zeit für dich selbst nimmst. Zeit, in der du dich entspannen und deinen eigenen Interessen folgen kannst. Solche Auszeiten geben dir Energie und lassen dich deinen Pflegeaufgaben im Anschluss mit neuer Kraft und positivem Mindset angehen.
Schlussendlich hängt das Wohlbefinden deines Familienmitglieds auch davon ab, wie gut es dir als pflegende Person geht. Gönne dir also hin und wieder eine Auszeit und greife dafür auch auf die sogenannte Verhinderungspflege (Urlaubsvertretung) zurück. Sie gewährleistet, dass sich im jeweiligen Zeitraum jemand anderes um dein Familienmitglied kümmert.
4. Informiere dich über professionelle Unterstützung
Du willst einen Angehörigen oder eine Angehörige pflegen? Dann gibt es eine Vielzahl von Unterstützungsangeboten für Pflegebedürftige bzw. Pflegende, die du kennen und nutzen solltest. Die Palette reicht von Pflegeberatungsstellen (z.B. beim DRK), ambulanten Pflegediensten und Krankenkassen, über Helferkreise und Betreuungsgruppen für an Demenz erkrankte Menschen, bis hin zum psychologischen Beistand für pflegende Angehörige.
Letztendlich dienen solche Dienstleistungen und Angebote auch dazu, dich selbst als Pfleger:in deines Familienmitglieds zu entlasten.
5. Unterstütze nur dann, wenn es nötig ist
Zu deinen täglichen Aufgaben zählen je nach Situation des oder der Pflegebedürftigen zum Beispiel regelmäßige Checkups und Arztbesuche, die ärztlich verordnete Einnahme von Medikamenten und die Wundversorgung, aber auch die allgemeine Unterstützung bei der Körperpflege.
Zum Beispiel beim Duschen, Waschen, Kämmen, Rasieren oder Zähneputzen wird unter Umständen deine Hilfe benötigt. Genauso kann deine Unterstützung natürlich auch im allgemeinen Haushalt weiterhelfen – zum Beispiel bei der Essenszubereitung, den Einkäufen oder beim Putzen und Abspülen.
Generell gilt aber, nur dann zu helfen, wenn es nötig ist. Nur so lässt sich die Selbstständigkeit des zu pflegenden Familienmitglieds möglichst lange erhalten. Durch diese Einstellung beugst du außerdem einer möglichen persönlichen Überforderung oder Überlastung durch die Familienpflege vor.
6. Nutze Tools und Hilfsangebote von anderen Menschen
Unzählige Hilfsmittel können dir als pflegende:r Angehörige:r, aber auch der oder dem Pflegebedürftigen weiterhelfen. So fördern Treppenlifts zum Beispiel die Lebensqualität im Alter oder den Alltag im Rollstuhl. Auch ein Pflegebett, Lagerungshelfen, ein Notrufsystem und spezielle Pflege-Apps auf dem Smartphone können eine wertvolle Unterstützung sein.
Ebenso ist es wichtig, sich nicht zu scheuen, uneigennützige Hilfsangebote aus der Familie oder von Freunden und Nachbarn anzunehmen. Indem jemand anders zum Beispiel hin und wieder eine Fahrt zur Arztpraxis übernimmt, das Essen kocht, die Küche putzt oder dir andere Alltagsaufgaben abnimmt, bewahrst du dich selbst vor übermäßigem Stress.
7. Fördere Kommunikation und mentale Beschäftigung
Unser Gehirn brauch Beschäftigung, damit es dauerhaft einwandfrei funktioniert. Wenn du einen Angehörigen oder eine Angehörige pflegen willst, solltest du deshalb regelmäßig für geistige Beschäftigung sorgen und sie oder ihn etwas fordern.
Ein gutes Training stellen zum Beispiel kurze Gedächtnisübungen (z.B. Pantomime und Bewegungen erraten), Brettspiele (z.B. „Mensch ärgere dich nicht“) oder die Ausübung eines favorisierten Hobbys (z.B. Malen oder Häkeln) dar.
Grundsätzlich solltest du pflegebedürftige Familienmitglieder auch nicht in Watte packen, sondern ihnen auch hin und wieder kleine Aufgaben im Haushalt (z.B. Staub wischen) geben.
Vergiss auf keinen Fall den Wert persönlicher Gespräche. Sie stärken das WIR-Gefühl, fördern die gegenseitige Unterstützung, geben Mut, Hoffnung und auch Beistand in schwierigen Phasen.
Tipp: Auch hier wieder der Hinweis darauf, stets deine eigene Gesundheit im Blick zu behalten. Passend dazu kann ich dir den weiterführenden Blogbeitrag über mentale Regeneration empfehlen. Nutze ihn, um zu lernen, dein Hirn mal so richtig abzuschalten und dich in stressigen Phasen schnell zu erholen.
8. Beantrage Zuschüsse und lass dir Kosten erstatten
Umbaumaßnahmen, Zuzahlungen für Medikamente, Kosten für Hilfsmittel und Fahrten in die Arztpraxis: die Angehörigenpflege ist kein günstiges Vergnügungen und kann spürbar aufs eigene Portemonnaie drücken.
Deshalb solltest du dich über staatliche Förderungen und Krankenkassenleistungen informieren und sie in Anspruch nehmen. Monatliches Pflegegeld (Höhe hängt vom jeweiligen Pflegegrad ab), Fahrtkostenerstattung, Zuschüsse für Hilfsmittel, steuerliche Vorteile und Kostenerstattungen für Pflegeausgaben nehmen etwas finanziellen Druck raus und machen dir den Alltag der privaten Pflege mit Sicherheit etwas entspannter.
9. Bringe Beruf und Pflege in Einklang
Vor allem, wenn ein Familienmitglied ganz plötzlich pflegebedürftig wird, ist die Vereinbarkeit von Beruf und häuslicher Pflege eine echte Herausforderung für alle Beteiligten.
Für solche Fälle gibt es die sogenannte kurzzeitige Arbeitsverhinderung, bei der du dich als pflegende Person 10 Tage von der Arbeit freistellen lassen kannst, um das Wichtigste zu regeln. In dieser Zeit bekommst du auch das Pflegeunterstützungsgeld. Die Pflegezeit ermöglicht es dir dann, bis zu 6 Monate auszusteigen und deinen Angehörigen zu pflegen – alles darüber hinaus ist die Familienpflegezeit.
Flexible Arbeitsmodelle (z.B. HomeOffice- oder Teilzeitarbeit) ermöglichen es dir zudem unter Umständen, die Angehörigenpflege und oder Teilzeitarbeit noch besser unter einen Hut zu bekommen. Über die individuellen Möglichkeiten solltest du ganz offen und ehrlich mit deiner Chefin oder deinem Chef sprechen.
10. Sorge für Bewegung und frische Luft
Unser Körper ist dafür gemacht, sich zu bewegen. Deshalb trägt die regelmäßige, körperliche Aktivität auch maßgeblich zur langfristigen Mobilität und dazu bei, gesund alt zu werden. Bettlägerigkeit führt hingegen dazu, dass der Kreislauf geschwächt und die Muskulatur abgebaut wird. So wird es noch schwerer, jemals wieder richtig „in die Gänge“ zu kommen.
Ein wichtiger Tipp für häusliche Pfleger:innen ist daher, im Rahmen der Möglichkeiten des zu pflegenden Familienmitglieds möglichst täglich für Bewegung zu sorgen.
Je nach Situation sind dahingehend zum Beispiel das mehrmalige Aufstehen aus der Liegeposition, kurze Spaziergänge, leichte Gymnastikübungen oder unterstützte Gehübungen ein gutes Training. Nutzt dafür auch die entsprechenden Hilfsmittel. (z.B. einen Rollator oder einen Gehstock)
Wenn möglich, sollte die Bewegung auch draußen an der frischen Luft (z.B. im Park oder im Garten) stattfinden. Das natürliche Licht stärkt das Immunsystem und auch der eingeatmete Sauerstoff fördert das Energielevel der oder des Pflegebedürftigen. Nicht zuletzt sind die euch umgebenden Naturgeräusche echt erholsam – auch für dich als Pflegeperson.
Angehörige pflegen und dich selbst nicht vergessen
Ein pflegebedürftiges Familienmitglied zu Hause zu betreuen, ist eine ehrenvolle Aufgabe. In diesem Artikel hast du viele Tipps kennengelernt, die dir dabei helfen können, die Herausforderungen des Pflegealltags zu meistern ohne dein eigenes Wohlbefinden zu gefährden.
Mag die Zeit auch hin und wieder stressig sein, solltest du niemals vergessen, dass sie auch viele wertvolle, gemeinsame Momente für euch bereithält.
„Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.“
Franz Kafka (mehr unter Alter Zitate)
Ich hoffe sehr, dass dir die Ratschläge weiterhelfen. Hast du Fragen, eigene Erfahrungen oder zusätzliche Tipps, die du teilen möchtest? Dann freue ich mich auf deinen Kommentar.
Bleib‘ fürsorglich und geduldig,
PS: Früher oder später werden wir alle alt und gebrechlich – und müssen uns mit dem Tod auseinandersetzen. Bis dahin ist es wichtig, die Zeit, die wir haben, zu genießen. Deshalb habe ich dir einige Dinge zusammengestellt, die Sterbende an ihrem Lebensende oft bereuen. Nutze sie gern als Motivation für ein wirklich erfülltes Leben. 🙂