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Massentierhaltung und Holocaust – Darf man das vergleichen?

Massentierhaltung und Holocaust Vergleich

Immer häufiger hört man, dass Tierrechtsaktivisten oder Veganer den Holocaust mit der Massentierhaltung vergleichen. Die Reaktionen darauf reichen von erschüttert bis verständnisvoll. Darf man diesen Vergleich vornehmen? Meine Meinung dazu: natürlich darf man das vergleichen, weil man alles miteinander vergleichen darf, wenn der Vergleich dem Zweck dient, sich selbst zu hinterfragen und zu überprüfen ob das eigene Verhalten im Einklang mit den eigenen Werten steht. 

Man darf die Massentierhaltung mit dem Holocaust vergleichen – aber man kann und darf nicht behaupten, dass es exakt das Gleiche ist. Ein logischer Vergleich kann gar nicht in die Meinung gipfeln, dass Massentierhaltungseinrichtungen und Konzentrationslager „genau das Gleiche“ sind. Denn so viel sei vorab gesagt: neben einigen Gemeinsamkeiten gibt es selbstverständlich auch tausende Unterschiede. Um aber einen größtmöglichen Nutzen aus diesem Vergleich zu ziehen, um uns besser in Nutztiere hineinfühlen zu können und um den Einklang zwischen unseren moralischen Werte und unserem Handeln zu überprüfen, möchte ich mich hier vor allem auf die existierenden Gemeinsamkeiten fokussieren.

Wir alle wollen, dass so etwas Grausames niemandem mehr passiert. Nie wieder. Keinem Menschen, keinem Tier. Im Folgenden möchte ich deshalb den Vergleich zwischen Massentierhaltung und Holocaust wagen. Mit maximalem Respekt gegenüber den Opfern des nationalsozialistische Völkermordes – und gegenüber allen fühlenden Lebewesen auf diesem Planeten.

Hier ist noch ein kurzes Inhaltsverzeichnis über den Artikel:

  1. Hintergrund
  2. Definitionen
  3. Gemeinsamkeiten
  4. Schlusswort

Hintergrund des Vergleichs von Massentierhaltung und Holocaust

Mir liegt dieser Text besonders am Herzen, weil ich alle Ungerechtigkeiten in unserer globalen Gesellschaft bekämpfen möchte. Ziel dieses Vergleiches ist es, allen Lesern bewusst zu machen, wie wir mit Tieren umgehen, um unsere Gewohnheiten und Geschmacksnerven zu befriedigen, um uns zu kleiden, um Experimente an ihnen vorzunehmen und um unterhalten zu werden.

Die Frage die ich hier behandeln müsste ist nicht „darf“ sondern „kann“ man die Massentierhaltung und den Holocaust vergleichen? Dabei vergleiche ich nicht die Opfer, sondern die Taten. Wir alle sind vermutlich sensibler gegenüber der Unterdrückung von Menschen. Doch wir teilen diesen Planeten noch mit anderen, fühlenden Lebewesen – deren Unterdrückung wir ebenfalls kritisch gegenüber stehen sollten. Ich kann die unmittelbare Reaktion verstehen, wenn man erbost ist, dass jemand es wagt, beides miteinander zu vergleichen. Doch auch was wir den Tieren angetan haben, wird definitiv als etwas in die Geschichte eingehen, auf das zukünftige Generationen mit Abscheu blicken werden.

Definitionen

Ein Vergleich, der ein so sensibles Thema wie die Massenvernichtung der Juden beinhaltet, bedarf einer extrem behutsamen Herangehensweise. Die Basis dafür legen die folgenden Definitionen der Begriffe „Vergleich“, „Massentierhaltung“ und „Holocaust“.

Vergleich: Ein Vergleich ist eine vergleichende Betrachtung. In der Literatur spricht man auch der Vergleich ist eine Wortfigur, welche durch die Annäherung oder kontrastive Gegenüberstellung zweier Gegenstände oder Bilder erzeugt wird, um Anschaulichkeit und Wirksamkeit eines Gedankens zu erhöhen.

Massentierhaltung: Systematische, technische Tierhaltung in Großbetrieben, zur Gewinnung möglichst vieler tierischer Produkte. Mehr unter Massentierhaltung.

Holocaust: Die systematische Vernichtung ganzer Bevölkerungsgruppen (während des Nationalsozialismus).

Gemeinsamkeiten zwischen dem Holocaust und der Massentierhaltung

Bitte schau dir unbedingt zuerst das verlinkte Interview des Holocaust-Überlebenden Alex Hershaft an. Es verdeutlicht meine Gründe dafür, diesen Beitrag zu schreiben. Einige der Gemeinsamkeiten zwischen dem Holocaust und der Massentierhaltung, die er erkennt, möchte ich hier kurz vorstellen.

Nummerierung

Jeder Häftling erhielt bei der Aufnahme in ein KZ-Stammlager eine Brandmarke. Ab diesem Zeitpunkt hatte er im Konzentrationslager keinen Namen mehr. Er wurde mit dieser tätowierten Nummer genannt und musste sich jedem Vorgesetzten mit dieser Nummer melden.₁ Die Nummerierung und weitere Zeichen dienten der Gruppierung eines Häftlings nach Ländern, Rasse, Vorverurteilungen und weiteren Eigenschaften.

Auch in der Massentierhaltung bekommen Rinder, Schweine oder Schafe Ohrmarken und keinen Namen. Daran lässt sich im System eines Betriebes beispielsweise erkennen, wie alt ein Tier ist oder welches Todesdatum vorgesehen ist.

Vergasung

Gaskammern gab es während des Nationalsozialismus in sechs Tötungsanstalten, mehreren Konzentrationslagern und allen Vernichtungslagern. In Gaskammern werden vor allem Schweine im „schlachtreifen Alter“ (siehe eingebettetes Video) und kleine, männliche Küken direkt nach der Geburt (siehe auch Kükenschreddern) vergast. Die Industrie bezeichnet die sogenannte CO2-Tötung als die humanste Art der Tötung. Kannst du dich an eine andere Zeit in unserer Geschichte erinnern, in der wir unschuldige Wesen in Gaskammern gestoßen haben? Bei der Antwort auf diese Frage, würde vermutlich bei jedem von uns das Wort „Holocaust“ fallen.

Tipp: Mir wurde die Brutalität durch den Film Dominion klar. Unter dem Link kannst du ihn dir kostenlos ansehen. Er zeigt die Ausbeutung von Tieren für unsere Nahrung, unsere Unterhaltung, unsere Experimente und unsere Kleidung und hinterlässt definitiv einen bleibenden Eindruck.

Massenvernichtung

Mehr als sechs Millionen Juden wurden von Deutschen während der Zeit des nationalsozialistischen Regimes ermordet.₂

Laut Statistischem Bundesamt werden allein in Deutschland aktuell etwa 2 Millionen Tiere am Tag von Menschen getötet.₃ Weltweit werden jeden Tag etwa 200 Millionen „Nutztiere“ getötet. Das sind 74 Milliarden Tiere im Jahr.₄ Sowohl beim Holocaust, als auch bei der Massentierhaltung, handelt es sich also um eine systematische Massenvernichtung von Lebewesen.

Lebensbedingungen

Inhaftierte Juden mussten in engen, dunklen Räumen auf Holzgestellen schlafen und leben, solange sie einen Nutzen für die Nationalsozialisten hatten.

Auch Kühe, Schweine oder Hühner leben in engen, dunklen Vorrichtungen, die nur dafür gedacht sind, sie zu einem bestimmten, wirtschaftlichen Zweck zu halten.

Misshandlungen

Während des Holocaust waren sowohl Männer, als auch Frauen Verfolgung und Gewalt ausgesetzt. Auch wenn einige jüdische Männer verschiedene Formen sexueller Gewalt erlebten, sind die Mehrheit der Vergewaltigungsopfer Frauen.₅ Auch die Prügelstrafen waren sadistisch und führten in vielen Fällen zum qualvollen Tod.₆

Auch in der Massentierhaltung zählen Misshandlungen zum Leben der Tiere dazu. Kühe werden beispielsweise in eine enge Vorrichtungen gedrängt, sodass sie sich nicht bewegen können. Dann werden sie durch einen Griff in die Austrittsöffnung des Darms künstlich mit Bullensamen geschwängert. Eine Tat, die wahrscheinlich jeder als Vergewaltigung bezeichnen würde, wenn sie einem Menschen angetan wird. Zudem werden Kühen die Hörner entfernt und Schweinen die Zähne abgeschliffen, sowie die Ringelschwänze abgetrennt, damit sie sich nicht gegenseitig verletzen. Hühnern kürzt man aus den gleichen Gründen ihre extrem empfindlichen Schnäbel.

Tipp: Unter Gründe für Veganismus erfährst noch mehr über meine Motivation, auf die Ausbeutung von Tieren für meinen persönlichen Lebensstil zu verzichten.

Systematik

Ein gewaltiger bürokratischer Apparat half den Tätern dabei, die systematische Vernichtung der Juden zu organisieren. Sie standen ihren Opfern aber nicht immer von Angesicht zu Angesicht gegenüber.

Auch die Massentierhaltung ist durchorganisiert und auf wirtschaftliche Effizienz getrimmt. Mitte des 20. Jahrhunderts presste eine Milchkuh beispielsweise durchschnittlich noch 2.349 Liter aus ihren Eutern – heute sind ist es mit 8.059 Litern deutlich mehr als die dreifache Menge.₇ Sobald sie keine Milch gibt, wird sie getötet und zu Fleisch verarbeitet. (mehr unter Warum trinken Veganer keine Milch?)

Verbraucher sollen nicht sehen, was hinter den verschlossenen Türen der Schlachthöfe passiert. Denn dann würde ihnen der Appetit vergehen.

Ausbeutung

Mit dem Bedarf an Arbeitskräften in der Rüstungsindustrie im Verlauf des Zweiten Weltkriegs, stieg auch die Bedeutung des „wirtschaftlichen Nutzens“ jüdischer Arbeitskräfte. Deshalb ging es den Nationalsozialisten nicht mehr ausschließlich um die Vernichtung von Juden, sondern auch darum, ihre Arbeitsleistung bis zu ihrem vorbestimmten Tod auszunutzen.₈

Auch Tiere werden für ihre Körperteile ausgebeutet. Es geht auch dabei um wirtschaftlichen Nutzen. Seien es Fleisch, Milch, Eier oder Fell. Die Tiere werden gefangen (bzw. gezüchtet), um den Bedarf an ihren Körperteilen stetig zu decken. Eine Gemeinsamkeit, die Massentierhaltung und Holocaust miteinander verbindet. Oder wie würdest du es nennen, wenn wir alle Tiere in einem Betrieb der Massentierhaltung durch Menschen ersetzen würden? Vermutlich kämen auch dir Worte wie „Eliminierung“ oder „Ausbeutung“ über die Lippen.

Rassismus/Speziesismus (Ungerechtigkeit)

Den Holocaust und die Massentierhaltung verbindet auch die Gemeinsamkeit der Ungerechtigkeit. Juden wurden aufgrund der Religion, der sie angehörten und in die sie hineingeboren wurden, verfolgt und getötet. Das ist Antisemitismus.

Die Tiere in der Massentierhaltung werden gefangen, gezüchtet und getötet, weil sie Federn, Wolle, Flügel oder Pelz tragen und wir Menschen uns ihnen überlegen fühlen. Seit wir klein sind unterscheiden wir dabei allerdings etwas. Wir bekommen beigebracht, Tiere wie Hunde, Katzen und Delfine zu lieben, aber Kühe, Schweine und Hühner zu essen. Das ist Speziesismus.

Transporte

Als sogenannte „Viehwaggons“ bezeichnen vor allem Überlebende des Holocaust spezielle Güterwägen mit Vorrichtungen für den Transport von Pferden, in denen Juden in Vernichtungslager deportiert wurden.

Auch Kühe, Schweine und alle anderen Tiere, die einmal auf unseren Tellern landen sollen, werden zu einem Schlachthaus transportiert. Da vermutlich jeder schon einmal einen Viehwagen gesehen hat, benötigt diese Gemeinsamkeit zwischen Massentierhaltung und Holocaust keine besondere Vorstellungskraft.

Akzeptanz

Bezüglich des Holocausts hört man eine Frage besonders häufig: Wie konnte es eigentlich so weit kommen? Heute geht man von 200.000 bis 250.000 deutschen, österreichischen und „volksdeutschen“ Tätern beim Holocaust aus. Man geht davon aus, dass die Kameradschaft das Gefühl der Selbstverantwortung völlig beseitigt hatte.₉ Zudem wurden die grausamen Taten hinter verschlossenen Türen der Konzentrationslager, so gut wie möglich, geheim gehalten.

Es ist eine Mischung aus Ignoranz und Konditionierung, die dazu geführt hat, dass wir die Brutalität der Massentierhaltung akzeptieren, obwohl der Großteil von uns vermutlich von sich selbst behaupten würde, Tiere zu lieben. Und so kommt es, dass wir Ausreden wie „Wir haben schon immer Fleisch gegessen“ finden, anstatt uns die Vorteile einer veganen Lebensweise für Umwelt, Tiere und unsere eigene Gesundheit bewusst zu machen. Wir kennen die Probleme – doch viele Menschen glauben, sie durch Ignorieren lösen zu können. (Vogel-Strauß-Taktik)

„Aus Sicht der Tiere sind alle Menschen Nazis – und das Leben ist ein ewiges Vernichtungslager [Treblinka].“ sagt der Holocaust-Überlebende Alex Hershaft.₁₀

Holocaust und Massentierhaltung – ein Vergleich gegen Unterdrückung

Holocaust, Konzentrationslager und Massentierhaltung

Neben den genannten Gemeinsamkeiten gibt es selbstverständlich tausende Unterschiede zwischen Massentierhaltung und Holocaust. Doch die Gemeinsamkeiten sind es, die uns zu denken geben sollten. Nur weil wir das eine schlimmer finden, als das andere, darf uns das „weniger Schlimme“ nicht völlig egal sein. Am Ende handelt es sich sowohl beim Holocaust, als auch bei der Massentierhaltung um eine Ungerechtigkeit. Um die Unterdrückung einer bestimmten Gruppe von fühlenden Lebewesen.

Wir sind uns einig, dass wir solche Ungerechtigkeiten nie wieder sehen möchten. Was uns Menschen selbst betrifft haben wir daraus gelernt. Dennoch ist die Massentierhaltung, die viele Gemeinsamkeiten zum Holocaust hat, gesellschaftlich noch akzeptiert. Taten an unschuldigen Lebewesen aus überflüssigen Gründen. Tiere kommen lebend ins Schlachthaus und in kleinen Stückchen wieder heraus – und wir Menschen glauben gerne, dass darin etwas „humanes“ passiert ist. Tiere haben uns nichts getan und wir können uns auch pflanzlich ernähren und auf tierische Konsumgüter verzichten.

Die Unterdrückung von Tieren ist die Einstiegsdroge zur Unterdrückung von Menschen. Beenden wir das eine, tragen wir dazu bei, dass es das andere nie wieder geben wird. Da bin ich mir sicher.

Bleib‘ empathisch,

Christoph von CareElite - Plastikfrei leben

PS: Unter vegan leben erhältst du einen guten Start in eine ethische und pflanzenbasierte Lebensweise.

Quellenangaben:
₁ A. Jordan: Die Kennzeichnung der KZ-Häftlinge (Stand: Oktober 2008), abrufbar unter https://t1p.de/ewok. [22.09.2020].

₂ Norddeutscher Rundfunk: Holocaust – Das beispiellose Verbrechen, https://t1p.de/rd48. [22.09.2020].

₃ M. Brandt; Statistisches Bundesamt: Über 2 Millionen Tiere werden täglich geschlachtet, abrufbar unter https://t1p.de/z5no. [22.09.2020].

₄ Dinge erklärt – Kurzgesagt: Fleisch – Das leckerste Übel der Welt, YouTube, 24.01.2019, Web, 07.05.2020 um 10:50 Uhr, in: http://y2u.be/y6f3dwxexZM.

₅ M. Havryshko: Sexualisierte Gewalt im Holocaust: Perspektiven aus Ghettos und Konzentrationslagern in der Ukraine (Stand: 18.05.2020), abrufbar unter https://t1p.de/3mex. [22.09.2020].

₆ A. Reisin: Konzentrationslager: „Alltag“ in der Hölle (Stand: 23.01.2020), abrufbar unter https://t1p.de/cea1. [22.09.2020].

₇ A. Deter: Wieviel Milch gibt eine Kuh (Stand: 29.07.2019), abrufbar unter https://t1p.de/2vhz. [07.05.2020].

₈ Bundesarchiv: Zwangsarbeitslager für Juden (ZAL für Juden), abrufbar unter https://t1p.de/5zma. [07.05.2020].

₉ S.-F. Kellerhoff: Was machte eine Viertelmillion Deutsche zu Mördern?, abrufbar https://t1p.de/wx31. [07.05.2020].

₁₀ Joey Carbstrong; Dr. Alex Hershaft: People React To THE ANIMAL HOLOCAUST, YouTube, 18.04.2016, Web, 23.09.2020 um 10:50 Uhr, in: http://y2u.be/8u7Utoq_Jzk.

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Christoph Schulz

Christoph Schulz

Ich bin Christoph, Umweltwissenschaftler und Autor - und setze mich hier bei CareElite gegen den Plastikmüll in der Umwelt, den Klimawandel und alle anderen großen Umweltprobleme unserer Zeit ein. Gemeinsam mit weiteren, umweltbewussten Bloggern will ich dir Tipps & Tricks für ein natürlich-gesundes, nachhaltiges Leben sowie deine persönliche Weiterentwicklung an die Hand geben.