Ist der Veganismus ein Luxusproblem? Wie du vielleicht weißt, gibt es viele Vorurteile gegenüber der Veganer:innen. Immer wieder höre ich sogar, dass ich verwöhnt oder sogar eigensinnig sei, wenn ich dem (vermeintlich teuren) veganen Lebensstil nachgehe.
Doch stimmt das? Ist es wirklich ein Luxus, sich rein pflanzlich zu ernähren? Zeit, dieses schnell dahingesagte Argument genauer zu prüfen.
In diesem Artikel möchte ich dir kurz und knapp erklären, warum oft behauptet wird, dass Veganismus in irgendeiner Form luxuriös sei und warum ernst gemeinter Veganismus eigentlich das absolute Gegenteil eines Luxusproblems ist. Auf geht's!
Was beutetet überhaupt Luxus – und wie wird Veganismus definiert?
Im Duden wird der Begriff Luxus mit „kostspieliger, verschwenderischer, den normalen Rahmen übersteigender, nicht notwendiger, nur zum Vergnügen betriebener Aufwand“ und „Pracht, verschwenderische Fülle“ beschrieben.1
Kurz gesagt: Luxusprobleme sind Verhaltensweisen oder Gegenstände, die über das Übliche hinausgehen, nur dem persönlichen Vergnügen dienen und grundsätzlich als nicht notwendig bzw. sogar verschwenderisch betrachtet werden können.
Den Veganismus definiert der Duden hingegen als „[ethisch motivierter] völliger Verzicht auf tierische Produkte“.
Luxusproblem Veganismus? Warum das behauptet wird
Viele Menschen fühlen sich von Veganer:innen angegriffen, da sie eine Veränderung in ihrem Leben befürchten. Die reflexartige Aussage, das Veganismus ein Luxusproblem sei, lässt sich meiner Meinung nach im Regelfall auf die folgenden Dinge zurückführen:
- Preisintensivität: Bestimmte vegane Lebensmittel sind manchmal etwas teurer (z.B. verarbeitete Fleischersatzprodukte) als ihr konventionelles Pendant. Deshalb betrachten viele Menschen die vegane Ernährung als kostspielig und eben luxuriös.
- Dekadenz: Das Veganer:innen im Luxus leben, ist eine Behauptung, die oft dadurch entsteht, dass man in einer Welt vegan isst, in der andere Menschen hungern. In Kombination mit den vermeintlich hohen Kosten, sieht mancher den Veganismus deshalb als luxuriös oder elitär an.
- Besserwisser:innen: Wer vegan lebt, hat seine Gründe. Und so manche Veganer:innen werden nicht müde, diese immer wieder zu nennen. Man gilt dann schnell als „Besserwisser:in“ – und die mag ja bekanntlich keiner. Eine schnelle und einfache Gegenreaktion ist daher oft das Vorurteil, dass Veganismus ein Luxusproblem sei.
- Es gibt größere Sorgen auf der Welt: Veganer:innen wollen im Alltag Tiere schützen. Für manche Menschen ist Veganismus ein Luxusproblem, weil es anderenorts Menschen gibt, die ja mit viel schlimmeren (echten) Problemen zu kämpfen haben. Nicht-Veganer:innen rutscht dann gerne mal ein Spruch wie „dir geht es einfach viel zu gut“ über die Lippen.
Welche Motive auch immer diesen Glaubenssatz entstehen lassen: Meiner Meinung ist das Luxus-Argument ein Zeichen dafür, dass sich Menschen bisher nur am Rande mit den Gründen für den veganen Lebensstil beschäftigt haben. Warum, begründe ich im Folgenden.
Warum der vegane Lebensstil kein Luxusproblem ist
Es ist schlichtweg nicht mehr notwendig Fleisch zu essen. Im Gegenteil: Der Welt würde es besser gehen, wenn wir weniger oder kein Fleisch mehr essen würden, da die ökologischen und gesellschaftlichen Folgen des steigenden Fleischkonsums bedrohlich sind. Veganismus ist daher absolut kein Problem, sondern ist eine Lösung.
Ein echtes Problem ist jedoch die allgemein luxuriöse Lebensweise unserer Gesellschaft. Wir konsumieren durchschnittlich fast 52 Kilogramm Fleisch pro Kopf pro Jahr2, fahren dicke, tonnenschwere Autos, kaufen uns fast im Jahresrhythmus ein neues Smartphone und immer wieder mal ein T-Shirt für 5 Euro.
Wir leben in einer Welt des Überflusses und wollen nicht sehen, dass andere dafür den Preis bezahlen. Die Entscheidung, vegan zu leben, ist in dieser Welt kein egoistischer Luxus, sondern ein großer und selbstloser Schritt zu einem nachhaltigen Konsumverhalten.
Luxus ist aber, in einer Wegwerfgesellschaft leben zu können, in der man alles, was man haben will, jederzeit bekommen kann. Früher war der Sonntagsbraten ein Luxus – heute liegt jeden Tag Fleisch auf dem Teller. So viel, dass es sich so mancher Fußballer sein Steak vergolden lässt. Ein Leben im Überfluss, das ist Luxus.
Der Veganismus ist das Gegenteil, denn er verbindet ökologische, soziale und ethische Werte miteinander. Und zwar so, dass auch noch unserer Kinder und Enkelkinder eine lebenswerte Zeit auf diesem Planeten verbringen können.
An dieser Stelle möchte ich noch auf den Impact eines veganen Alltags eingehen und noch einmal unterstreichen, warum er so gar nicht glamourös oder luxuriös ist.
Kostengünstig umsetzbar
Auch wenn sie vielen Menschen den Einstieg in die vegane Ernährung erleichtern, sind manche vegane Ersatzprodukte etwas teurer, das stimmt. Und dadurch entsteht auch, zugegeben, schnell der Eindruck, dass Veganismus echter Luxus wäre.
Doch teuer sind andere Fertigprodukte oder Hummer und Steaks aus Argentinien ja auch. Und vegane Grundnahrungsmittel wie Reis, Linsen oder Nudeln sowie Obst und Gemüse sind in der Regel sogar die günstigsten Lebensmittel im Supermarkt.
Am Preis lässt sich der Veganismus also nicht als Luxusproblem ausmachen. Im Gegenteil: Wer oft frisch vegan kocht, kann mit Nachhaltigkeit Geld sparen.
Kochbuch-Empfehlung: Für einen guten Einstieg in die pflanzliche Küche kann ich dir wärmstens das Buch „Vegan & Easy“ von Bianca Zapatka mit vielen leckeren Rezepten ans Herz legen. Das Kochbuch gibt's hier*.
Tierleid für Luxus hat ein Ende
Tiere sind emotionale Wesen. Unschuldige Wesen, die nichts verbrochen haben und nicht sterben wollen. Allein in Deutschland werden jedes Jahr etwa 750 Millionen Hühner, Schweine, Kühe und andere sogenannte „Nutztiere“ getötet – also mehr als zwei Millionen Tiere pro Tag.3
Ist es nicht eigentlich eher ein Luxus, jemanden anderem Geld dafür zu bezahlen, ein Tier umzubringen, damit man es dann selbst essen kann? Auf die Art und Weise, wie erniedrigend wir mit unseren Tieren umgegangen sind, werden zukünftige Generation jedenfalls garantiert mit Abscheu blicken.
Die ethische Entscheidung, sich vegan zu ernähren, um das Leid anderer Lebewesen zu verringern, ist also extrem selbstlos, nicht auf das eigene Vergnügen ausgerichtet und schon gar nicht luxuriös.
Welthunger wird beendet
Neulich habe ich gehört, dass wir erst einmal andere Probleme, wie zum Beispiel den Welthunger lösen müssten, bevor wir uns dem Wohl der Tiere widmen. Und dass Veganismus deshalb ja nur ein echtes Luxusproblem sei. Dabei wirkt die Entscheidung, vegan zu sein, dem Welthunger ja gezielt entgegen.
Um eine tierische Kalorie zu erzeugen, werden nämlich durchschnittlich sieben pflanzliche Kalorien in Form von Tierfuttermitteln verbraucht. Wenn wir Menschen nicht so viele Nutztiere halten würden, um aus ihnen Fleisch zu machen, hätten alle Menschen auf der Welt genug zu essen.
Der hohe Fleischkonsum ist also der eigentliche Luxus. Denn andere Menschen müssen hungern, damit wir uns regelmäßig Fleisch genehmigen dürfen. Das Luxusgefühl vom „Sonntagsbraten“ ist längst verloren gegangen. Genauso wie das Bewusstsein, dass ein fühlendes Lebewesen für das Stück Fleisch sterben musste.
Auch die Entscheidung, sich vegan zu ernähren, um den Welthunger zu stoppen, ist also alles andere als luxuriös. Im Gegenteil: Sie ist mitfühlend, respektvoll und selbstlos.
Artensterben wird aufgehalten
Rund 83 Prozent der weltweiten Agrarflächen werden für Viehweiden oder als Futtermittel-Anbaufläche für Nutztiere bewirtschaftet.4
Als Futtermittel steht größtenteils proteinhaltiges Sojaschrot parat, dass aus vorwiegend aus südamerikanischen Ländern wie Brasilien stammt. Der Anbau von Soja als Futtermittel für die Fleischproduktion und die Schaffung von Weideflächen sind die wesentlichen Gründe für die Abholzung der Regenwälder im Amazonas-Gebiet.
Abgesehen von der Moralfrage sorgt die Massentierhaltung auch noch für einen massiven Schadstoffeintrag in den Boden und die Gewässer. Durch die Haltung von Wiederkäuern wie Kühen entsteht zudem ein massiver Treibhausgasausstoß, der die globale Erwärmung vorantreibt und den Wohlstand aller Menschen gefährdet.
Da man als Veganer:in im Alltag also auch die Umwelt schützt, hat man noch einen Grund mehr, den Veganismus nicht als Luxusproblem abzustempeln.
Gut zu wissen: Das Veganismus ein Luxusproblem ist, ist also ein besonders zynisches und provozierendes Argument, weil eigentlich das Gegenteil der Fall ist. Viel Fleisch zu Essen, ist dekadent und elitär. Und dekadent ist es auch, dass wir Millionen Tiere umsonst töten, weil wir die aus ihnen herstellten Lebensmittel in die Tonne werfen.
Verinnerlichen, das Veganismus die Antwort auf Luxusprobleme ist
Wir genießen in unserer heutigen Welt eigentlich den Luxus, satt werden zu können und uns warm kleiden zu können, ohne dafür Tiere quälen zu müssen. Aber ein „Lebensstil verwöhnter Kids“ oder ein Luxusproblem ist der Veganismus selbstverständlich nicht. Jedoch ist es sehr wohl ein Luxusproblem, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der natürliche Ressourcen im Überfluss verschwendet werden.
Vegan zu leben bedeutet, bewusst zu konsumieren und andere Lebewesen und Dinge zu respektieren. Und sie so zu behandeln, wie man selbst auch behandelt werden möchte. Auf etwas zu verzichten, um anderen nicht zu schaden, ist wirklich das absolute Gegenteil von Luxus.
Probiere dich also jetzt an den ersten Rezepten aus der pflanzlichen Küche aus. Extrem geholfen hat uns dabei das Buch „Vegan & Easy“ von Bianca Zapatka. Wenn du magst, bekommst du das Kochbuch jetzt hier*.
„Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandeln.“
Mahatma Gandhi, indischer Rechtsanwalt und Pazifist (1869-1948)
Hast du Fragen, Tipps oder möchtest du einfach ein paar Worte zum vermeintlichen „erste Welt Luxusproblem“ Veganismus loswerden? Dann schreib mir gern einen Kommentar.
Bleib tierfreundlich und nachhaltig,
PS: Schau dich unbedingt noch ein bisschen mehr im Vegan Blog um. Erfahre dort zum Beispiel, warum Veganer:innen keine Milch von Kühen trinken.
Quellenangaben:
- Bibliographisches Institut GmbH, Dudenverlag: Luxus, abrufbar unter https://www.duden.de/rechtschreibung/Luxus. [15.11.2024]. ↩︎
- Statista GmbH: Fleischverbrauch in Deutschland pro Kopf in den Jahren 2010 bis 2023 (März 2024), abrufbar unter https://t1p.de/oorx. [15.11.2024]. ↩︎
- WWF Deutschland: (Massen-)Tierhaltung: Folgen für Tier, Mensch & Klima (Stand: 09.10.2023), abrufbar unter https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/massentierhaltung. [15.11.2024]. ↩︎
- Poore, J./Nemecek, T. (2018): „Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers“. In: Science Vol. 360, Issue 6392, pp. 987-992. ↩︎